Die Freunde von Wilhelm Busch

Zwei Knaben, Fritz und Ferdinand,
Die gingen immer Hand in Hand,
Und selbst in einer Herzensfrage
Trat ihre Einigkeit zutage.
 
Sie liebten beide Nachbars Käthchen,
Ein blondgelocktes kleines Mädchen.
 
Einst sagte die verschmitzte Dirne:
Wer holt mir eine Sommerbirne,
Recht saftig, aber nicht zu klein?
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Hernach soll er der Beste sein.
 
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Der Fritz nahm seinen Freund beiseit
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Und sprach: Das machen wir zu zweit;
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Da drüben wohnt der alte Schramm,
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Der hat den schönsten Birnenstamm;
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Du steigst hinauf und schüttelst sacht,
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Ich lese auf und gebe acht.
 
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Gesagt, getan. Sie sind am Ziel.
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Schon als die erste Birne fiel,
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Macht Fritz damit sich aus dem Staube,
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Denn eben schlich aus dunkler Laube,
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In fester Faust ein spanisch Rohr,
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Der aufmerksame Schramm hervor.
 
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Auch Ferdinand sah ihn beizeiten
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Und tät am Stamm heruntergleiten
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In Ängstlichkeit und großer Hast,
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Doch eh er unten Fuß gefaßt,
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Begrüßt ihn Schramm bereits mit Streichen,
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Als wollt er einen Stein erweichen.
 
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Der Ferdinand, voll Schmerz und Hitze,
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Entfloh und suchte seinen Fritze.
 
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Wie angewurzelt blieb er stehn.
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Ach hätt er es doch nie gesehn:
 
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Die Käthe hat den Fritz geküßt,
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Worauf sie eine Birne ißt.
 
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Seit dies geschah, ist Ferdinand
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Mit Fritz nicht mehr so gut bekannt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Die Freunde“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
201
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Freunde“ wurde von Wilhelm Busch verfasst, der von 1832 bis 1908 lebte. Es gehört also zur Literatur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von zwei eng befreundeten Kindern, deren Freundschaft durch einen Konflikt getestet wird. Fritz und Ferdinand sind eng befreundet und teilen sogar das Interesse am selben Mädchen. Sie arbeiten zusammen, um eine Aufgabe zu erfüllen, die das Mädchen ihnen stellt. Sie sollen ihr eine Birne aus dem Garten des alten Schramm holen. Doch als der Eigentümer des Baumes auftaucht, lässt Fritz seinen Freund im Stich. Am Ende gewinnt Fritz das Mädchen, und Ferdinand fühlt sich betrogen.

Die Botschaft des Gedichtes ist paternalistisch und lehrhaft. Es scheint, als wolle Busch verdeutlichen, dass Freundschaft in Zeiten der Not getestet wird und dass Treue und Zusammenhalt wichtige Aspekte von Freundschaft sind.

Das Gedicht hat eine einfache Reimform (Kreuzreime) und folgt einem klaren, geradlinigen Erzählstil, der typisch ist für Buschs Schreibstil. Die Sprache ist klar und einfach, die Sätze präzise und pointiert. Busch nutzt gelegentlich humorvolle Metaphern („Als wollt er einen Stein erweichen“) und spielt mit Wortspielen und Doppeldeutigkeiten, was dem Gedicht einen humorigen und spielerischen Ton verleiht. Hervorzuheben ist auch die Rolle des alten Schramm, der als Störfaktor und Strafende Macht auftritt und den moralischen Aspekt des Gedichts unterstreicht.

Insgesamt ist das Gedicht eine Fabel über die Werte der Freundschaft und Loyalität, die auf humorvolle und dennoch ernste Weise illustriert wird. Zugleich wird die Liebesgeschichte zwischen den Dreien auf kindliche und unschuldige Weise dargestellt, was einen starken Kontrast zur späteren Entfremdung und desillusionierten Freundschaft bildet.

Weitere Informationen

Wilhelm Busch ist der Autor des Gedichtes „Die Freunde“. Im Jahr 1832 wurde Busch in Wiedensahl geboren. Zwischen den Jahren 1848 und 1908 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Wiesbaden u. Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 201 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Die Gedichte „Ach, ich fühl es! Keine Tugend“, „Ach, wie geht’s dem Heilgen Vater“ und „Als Christus der Herr in Garten ging“ sind weitere Werke des Autors Wilhelm Busch. Zum Autor des Gedichtes „Die Freunde“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 208 Gedichte vor.

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