Die Brandstätte von Rainer Maria Rilke

Gemieden von dem Frühherbstmorgen, der
mißtrauisch war, lag hinter den versengten
Hauslinden, die das Heidehaus beengten,
ein Neues, Leeres. Eine Stelle mehr,
 
auf welcher Kinder, von Gott weiß woher,
einander zuschrien und nach Fetzen haschten.
Doch alle wurden stille, sooft er,
der Sohn von hier, aus heißen, halbveraschten
 
Gebälken Kessel und verbogne Tröge
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mit einem langen Gabelaste zog, —
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um dann mit einem Blick, als ob er löge,
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die andern anzusehn, die er bewog
 
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zu glauben, was an dieser Stelle stand.
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Denn seit es nicht mehr war, schien es ihm so
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seltsam: phantastischer als Pharao.
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Und er war anders, wie aus fernem Land.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Die Brandstätte“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
102
Entstehungsjahr
1918
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Brandstätte“ wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, der von 1875 bis 1926 lebte. Damit gehört er zur Epoche der literarischen Moderne und gilt als einer der bedeutsamsten Lyriker der deutschsprachigen Literatur.

Der erste Eindruck des Gedichtes präsentiert eine melancholische und vielleicht etwas düstere Stimmung. Es wirkt, als gäbe es ein Unglück oder eine Tragödie, von der in fragmentarischen Bildern berichtet wird.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht eine Szene nach einer Zerstörung - spezifisch einem Brand. Das lyrische Ich beobachtet eine verbrannte Stelle, das frühere Heimat eines Jungen. Dieser scheint durch den Verlust seines Heims verändert, fast so, als käme er aus einem „fernen Land“. Das lyrische Ich kommentiert auf die Veränderung des Jungen und die seltsame Atmosphäre der Brandstätte.

Ein zentrales Thema ist die Macht der Zerstörung und ihr tiefer Einfluss auf den Menschen. Es geht um Verlust, Veränderung und auch um die Bewältigung solcher Ereignisse. Die Brandstätte steht metaphorisch für verlorene Klarheit, für den Übergang von einem sicheren Zustand in einen unsicheren und vielleicht entfremdeten.

In Bezug auf die Form ist das Gedicht in vier Strophen unterteilt, jeweils vier Verse lang. Diese stellen eine konkrete, visuelle Szene dar. Die Beschreibungen sind detailliert und malerisch, die Sprache ist anspruchsvoll und metaphorisch. Es gibt eine gewisse Musikalität und einen natürlichen Rhythmus in den Versen, die der Stimmung des Gedichts entsprechen.

Insgesamt ist „Die Brandstätte“ ein Beispiel für Rilkes Verarbeitung von tiefgehenden menschlichen Erfahrungen in seiner Dichtkunst. Er schildert die Folgen einer Katastrophe und zeigt, wie sehr der Mensch dadurch verändert und geprägt sein kann.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Die Brandstätte“. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1918. In Leipzig ist der Text erschienen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 102 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Rainer Maria Rilke sind „Abend“, „Abend“ und „Abend in Skaane“. Zum Autor des Gedichtes „Die Brandstätte“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.

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