Chloris von Friedrich von Hagedorn

In jenem zarten Alter,
Als ich mit meinem Schäfchen
Mich noch zu messen pflegte
Und älter war, doch kleiner,
Als mein getreues Schäfchen,
Da folgt ich schon der Chloris,
Wie mir mein treues Schäfchen.
Auch schon in jenen Zeiten
War sie in meinen Augen
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Mehr als ein sterblich Mädchen,
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Und ist noch eine Göttin,
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Und mir die schönste Göttin,
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Die jemals sichtbar worden.
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Einst sagt' ich ihr: ich liebe;
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Ich liebe dich, o Chloris.
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Dies war des Herzens Sprache,
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Dies sagten meine Seufzer;
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Die kindisch blöde Zunge
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Ließ Herz und Seufzer reden
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Und fand sich keine Worte.
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Doch mich verstand die Schöne
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Und schenkte mir ein Mäulchen,
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Ein unvergeßlich Mäulchen.
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Und sprach zu mir: Du Kleiner,
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Du kennst noch nicht die Liebe.
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Seitdem entbrannte Chloris,
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Jedoch für andre Schäfer.
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Seitdem fing mancher Schäfer
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Aus Chloris Augen Feuer.
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Seitdem kam ich ins Alter,
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In dem wir Menschen lieben,
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Wie unsre Väter liebten.
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Es reiften meine Jahre,
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Es gab mir jeder Frühling
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Mehr Zärtlichkeit und Wünsche.
 
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Noch jetzt verehr' ich Chloris;
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Mir aber ist sie spröde
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Und wünscht nicht zu erfahren,
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Ob ich die Liebe kenne;
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Und jener süßen Stunde
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Und ihres kleinen Schäfers
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Und ihres holden Kusses
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Vergißt die stolze Schöne.
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Nur ich kann ihrer Lippen,
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Die sie mir lächelnd reichte,
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Nur ich kann ihres Kusses
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Und ihrer nicht vergessen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Chloris“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
47
Anzahl Wörter
219
Entstehungsjahr
1708 - 1754
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Chloris“ des Autors Friedrich von Hagedorn. Im Jahr 1708 wurde Hagedorn in Hamburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1724 bis 1754 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Aufklärung zuordnen. Bei dem Schriftsteller Hagedorn handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 47 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 219 Worte. Die Gedichte „Harvstehude“, „Die Alster“ und „Leichen-Carmen“ sind weitere Werke des Autors Friedrich von Hagedorn. Zum Autor des Gedichtes „Chloris“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 252 Gedichte vor.

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