Die Beschwörung von Heinrich Heine

Der junge Franziskaner sitzt
Einsam in der Klosterzelle,
Er liest im alten Zauberbuch,
Genannt der Zwang der Hölle.
 
Und als die Mitternachtstunde schlug,
Da konnt er nicht länger sich halten,
Mit bleichen Lippen ruft er an
Die Unterweltsgewalten.
 
Ihr Geister! holt mir aus dem Grab
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Die Leiche der schönsten Frauen,
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Belebt sie mir für diese Nacht,
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Ich will mich dran erbauen.
 
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Er spricht das grause Beschwörungswort,
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Da wird sein Wunsch erfüllet,
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Die arme verstorbene Schönheit kommt,
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In weißen Laken gehüllet.
 
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Ihr Blick ist traurig. Aus kalter Brust
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Die schmerzlichen Seufzer steigen.
19 
Die Todte setzt sich zu dem Mönch,
20 
Sie schauen sich an und schweigen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Die Beschwörung“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
1844
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Beschwörung“ wurde von Heinrich Heine, einem bedeutenden Dichter der deutschen Romantik, verfasst, der von 1797 bis 1856 lebte. Dies ermöglicht eine zeitliche Einordnung: Heine war ein typischer Vertreter der Spätromantik, die in Deutschland von etwa 1820 bis 1850 andauerte.

Beim ersten Eindruck kommt eine düstere und mysteriöse Atmosphäre zum Ausdruck. Das Gedicht spielt in der Nacht, in einer abgeschiedenen Klosterzelle und handelt von dunklen, übernatürlichen Phänomenen.

Inhaltlich geht es um einen jungen Franziskaner (Vers 1), der bei Mitternacht (Vers 5) in seinem Kloster mittels eines alten Zauberbuchs (Vers 3) die Unterwelt heraufbeschwört (Vers 6-8). Er wünscht sich, dass die Geister ihm die Leiche der schönsten Frau aus dem Grab holen und sie für eine Nacht zum Leben erwecken (Vers 9-12). Dieser Wunsch wird ihm erfüllt (Vers 16) und die wiedererweckte Frau sitzt mit ihm zusammen, beide schauen sich an und schweigen (Vers 20).

Das lyrische Ich, also der Franziskaner, sucht offensichtlich nach Kontakt oder vielleicht Zuneigung, die er in der realen Welt nicht finden kann. Er versucht, übernatürliche Kräfte zu nutzen, um seine Sehnsucht zu erfüllen - mit einer Wunschvorstellung, die sowohl tragisch als auch gruselig anmutet.

Das Gedicht ist in einer klassischen Weise strukturiert, mit vier Versen pro Strophe und fünf Strophen insgesamt. Die Sprache ist eher einfach und klar, was die düstere und bedenkliche Handlung auf eine recht direkte Weise vermittelt. Was durch die Fähigkeit Heines, mit klaren und einklagenden Worten Szenen und psychologische Zustände darzustellen, noch verstärkt wird.

Die Atmosphäre und Themen des Gedichts sind typisch für die romantische Literatur: der Einzelne in einem Konflikt mit sich selbst und der Welt, die Unzufriedenheit mit der Realität und der Wunsch nach dem Unbekannten oder dem Übernatürlichen, und eine gewisse Mischung aus Schönheit, Melancholie und Schrecken.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Beschwörung“ ist Heinrich Heine. Heine wurde im Jahr 1797 in Düsseldorf geboren. Im Jahr 1844 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Hamburg. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Heine handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 104 Worte. Die Gedichte „Almansor“, „Als ich, auf der Reise, zufällig“ und „Alte Rose“ sind weitere Werke des Autors Heinrich Heine. Zum Autor des Gedichtes „Die Beschwörung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.

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