Die Balinesenfrauen auf Lombok von Theodor Fontane

Unerhört,
Auf Lombok hat man sich empört,
Auf der Insel Lombok die Balinesen
Sind mit Mynheer unzufrieden gewesen.
 
Und die Mynheers faßt ein Zürnen und Schaudern,
„Aus mit dem Brand, ohne Zögern und Zaudern“,
Und allerlei Volk, verkracht, verdorben,
Wird von Mynheer angeworben,
Allerlei Leute mit Mausergewehren
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Sollen die Balinesen bekehren,
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Vorwärts, ohne Sinn und Plan,
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Aber auch planlos wird es gethan,
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Hinterlader arbeitete gut,
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Und die Männer liegen in ihrem Blut.
 
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Die Männer. Aber groß anzuschaun
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Sind da noch sechszig stolze Fraun,
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All’ eingeschlossen zu Wehr und Trutz
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In eines Buddha-Tempels Schutz.
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Reichgekleidet, goldgeschmückt,
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Ihr jüngstes Kind an die Brust gedrückt,
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Hochaufgericht’t eine jede stand,
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Den Feind im Auge, den Dolch in der Hand.
 
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Die Kugeln durchschlagen Trepp’ und Dach,
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„Wozu hier noch warten, feig und schwach?“
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Und die Thüren auf und hinab ins Thal,
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Hoch ihr Kind und hoch den Stahl
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(Am Griffe funkelt der Edelstein)
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So stürzen sie sich in des Feindes Reihn.
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Die Hälfte fällt todt, die Hälfte fällt wund,
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Aber jede will sterben zu dieser Stund,
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Und die Letzten, in stolzer Todeslust,
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Stoßen den Dolch sich in die Brust.
 
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Mynheer derweilen, in seinem Kontor,
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Malt sich christlich Kulturelles vor.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Die Balinesenfrauen auf Lombok“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
34
Anzahl Wörter
195
Entstehungsjahr
1895
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Balinesenfrauen auf Lombok“ stammt von Theodor Fontane und lässt sich dem 19. Jahrhundert zuordnen, welches auch als das Zeitalter des Imperialismus bekannt ist. Beim ersten Lesen bekommt man einen starken Eindruck von Kritik am kolonialistischen Vorgehen, in diesem Fall konkret an der niederländischen Besatzung auf der Insel Lombok in Indonesien.

Das lyrische Ich des Gedichts berichtet von einem Aufstand der balinesischen Bewohner auf Lombok gegen die Niederländer („Mynheer“ ist ein altertümlicher niederländischer Ehrentitel), der mit militärischer Gewalt niedergeschlagen wird. So werden „all´ eingeschlossen zu Wehr und Trutz in eines Buddha-Tempels Schutz“ 60 Frauen aus Lombok dargestellt, die sich trotz der hoffnungslosen Situation gegen ihre Unterdrücker auflehnen. Sie kämpfen bis zum Schluss und sterben lieber, als sich zu unterwerfen.

Das Gedicht zeigt dabei vor allem die Grausamkeit und Brutalität kolonialer Machtstrukturen auf und kritisiert die Heuchelei der Kolonialmächte, welche ihre Interventionen oft als zivilisatorischen Fortschritt rechtfertigten, während sie in Wahrheit nur auf eigenen Profit abzielten. Der letzte Vers, in dem der Mynheer „sich christlich Kulturelles vor[malt]“, während er entspannt in seinem „Kontor“ sitzt, stellt diesen Widerspruch besonders deutlich dar.

Die Struktur des Gedichtes besteht aus fünf Strophen die unterschiedlich viele Verse enthalten. Die kurzen prägnanten Verse wirken ungeschönt und direkt. Die Sprache ist klar und auf eine schockierende Weise nüchtern, wodurch das lyrische Ich die Grausamkeit der Kolonialgeschichte noch stärker hervorhebt. Dabei werden bildhafte und emotionale Beschreibungen genutzt, um die mutigen Frauen zu schildern, deren Kampf auf tragische Art und Weise im eigenen Tod endet. Durch die starke Betonung auf die kämpfenden Frauen, wird auch eine Form des Feminismus sichtbar, der die mutige Rolle der Frauen in der Geschichte betont, die oft unerhört bleibt. Das Gedicht besitzt einen desillusionierenden Ton, der das dunkle Bild des Kolonialismus ungeschönt darstellt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Balinesenfrauen auf Lombok“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Theodor Fontane. Fontane wurde im Jahr 1819 in Neuruppin geboren. 1895 ist das Gedicht entstanden. Stuttgart und Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Realismus zuordnen. Bei Fontane handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 195 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 34 Versen. Weitere Werke des Dichters Theodor Fontane sind „Alles still!“, „Am Jahrestag“ und „An Bettina“. Zum Autor des Gedichtes „Die Balinesenfrauen auf Lombok“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.

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