Die Aschanti von Rainer Maria Rilke

Keine Vision von fremden Ländern,
kein Gefühl von braunen Frauen, die
tanzen aus den fallenden Gewändern.
 
Keine wilde fremde Melodie.
Keine Lieder, die vom Blute stammten,
und kein Blut das aus den Tiefen schrie.
 
Keine braunen Mädchen die sich sammten
breiteten in Tropenmüdigkeit;
keine Augen die wie Waffen flammten,
 
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und die Munde zum Gelächter breit.
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Und ein wunderliches Sich-verstehen
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mit der hellen Menschen Eitelkeit.
 
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Und mir war so bange hinzusehen.
 
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O wie sind die Thiere so viel treuer,
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die in Gittern auf und niedergehn,
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ohne Eintracht mit dem Treiben neuer
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fremder Dinge die sie nicht verstehn;
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und sie brennen wie ein stilles Feuer
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leise aus und sinken in sich ein,
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theilnahmslos dem neuen Abenteuer
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und mit ihrem großen Blut allein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Die Aschanti“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
120
Entstehungsjahr
1906
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht ist „Die Aschanti“ von Rainer Maria Rilke, einem der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne im deutschsprachigen Raum. Rilke, geboren 1875, starb 1926, daher liegt die Entstehungszeit des Gedichts wahrscheinlich im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert.

Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einer düsteren, melancholischen Stimmung und exotischen, fremden Bildern. Es scheint um die sorgenvolle Wahrnehmung und Reflexion des lyrischen Ichs zu gehen, die sich auf fremde Menschen und Kulturen - möglicherweise die afrikanischen Aschanti - bezieht.

Betrachtet man den Inhalt, beschreibt das lyrische Ich zunächst, was es nicht sieht oder fühlt: Keine Visionen von fremden Ländern, keine Gefühle für „braune Frauen“, die tanzen, keine wilden, fremden Melodien und keine Lieder, die vom Blut stammen. Es ist ein Bild des Fehlens, der Abwesenheit, das somit auch eine tiefe Leere und Sehnsucht ausdrückt. In der letzten Strophe wird der Kontrast zu den Tieren gezogen, die viel „treuer“ sind. Das lyrische Ich verbindet ein Unverständnis gegenüber Änderungen und neuen Dingen mit diesen Tieren, was eine melancholische und resignierende Stimmung erzeugt.

In formaler Hinsicht ist das Gedicht in sechs Strophen mit unterschiedlicher Anzahl an Versen unterteilt, wobei die Strophen eins bis vier jeweils aus drei Versen bestehen, die fünfte aus nur einem Vers und die letzte aus acht Versen. Es gibt kein festes Reimschema, was typisch ist für die moderne Lyrik.

Die Sprache des Gedichts ist gekennzeichnet durch eine Reihe von Wiederholungen und eine insgesamt eher einfache, aber eindringliche Wortwahl. Viele negative Formulierungen (kein, keine) und die wiederholte Verwendung von Fremdheit und Exotik führen zu einer intensiven und eindringlichen Atmosphäre, die vom lyrischen Ich reflektiert wird.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Rilkes Gedicht „Die Aschanti“ ein Bild von Fremdheit, Unverständnis und Melancholie zeichnet und in seiner Form und Sprache eindringlich die Sehnsucht nach Verständnis und Einheit zwischen verschiedenen Kulturen zum Ausdruck bringt.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Die Aschanti“. Der Autor Rainer Maria Rilke wurde 1875 in Prag geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1906 entstanden. Berlin / Leipzig, Stuttgart ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 21 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 120 Worte. Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend“, „Abend“ und „Abend in Skaane“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Aschanti“ weitere 338 Gedichte vor.

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