Die Anfahrt von Rainer Maria Rilke
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War in des Wagens Wendung dieser Schwung? |
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War er im Blick, mit dem man die barocken |
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Engelfiguren, die bei blauen Glocken |
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im Felde standen voll Erinnerung, |
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annahm und hielt und wieder ließ, bevor |
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der Schloßpark schließend um die Fahrt sich drängte, |
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an die er streifte, die er überhängte |
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und plötzlich freigab: denn da war das Tor, |
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das nun, als hätte es sie angerufen, |
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die lange Front zu einer Schwenkung zwang, |
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nach der sie stand. Aufglänzend ging ein Gleiten |
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die Glastür abwärts; und ein Windhund drang |
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aus ihrem Aufgehn, seine nahen Seiten |
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heruntertragend von den flachen Stufen. |
Details zum Gedicht „Die Anfahrt“
Rainer Maria Rilke
3
14
96
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Der Autor des vorliegenden Gedichts ist Rainer Maria Rilke, ein bedeutender lyrischer Dichter der deutschen Sprache, der gegen Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts wirkte.
Beim ersten Lesen des Gedichts fällt die detaillierte, bildliche Sprache auf, die eine Szene zu skizzieren scheint. Der Inhalt lässt sich so zusammenfassen: Das lyrische Ich erzählt von der Anfahrt auf ein Schloss oder einen Herrschaftssitz. Ein Wagen nähert sich, passiert Engel-Statuen, die in der Landschaft stehen, und erreicht schließlich ein Tor. Durch dieses Tor wird der Schlosspark erreicht. Die abstrakte, bildliche Sprache vermittelt das Gefühl der Bewegung und Veränderung während der Fahrt.
Das lyrische Ich scheint in der Rolle eines Beobachters zu stehen und die Szene mit Distanz zu schildern. Dabei geht es nicht nur um die reine Darstellung der Reise, sondern vielmehr um die Wahrnehmungen und Empfindungen, die diese mit sich bringt. Der Weg durch die Landschaft und den Park, vorbei an den Engelsfiguren, erzeugt eine Atmosphäre der Erinnerung und Vergänglichkeit.
Die Form des Gedichts ist gekennzeichnet durch die Dreistrophigkeit. Die Strophen haben unterschiedliche Längen, was die Bewegung und Dynamik des beschriebenen Szenarios widerspiegelt - erst eine kurze Strophe, dann eine längere und schließlich eine kurze. In der Sprache zeichnet sich das Gedicht durch einen hohen Grad an Bildhaftigkeit und Metaphorik aus. Dabei spielt Rilke mit dem Kontrast zwischen Bewegung (Fahrt, Schwung, Gleiten) und Stillstand (Engelfiguren, Schlosspark, Tor).
Die Sprache ist gewählt und enthält vereinzelt veraltete oder poetische Formulierungen („War in des Wagens Wendung dieser Schwung?“, „denn da war das Tor“), die dem Ganzen einen altertümlichen, zeitlosen Charakter verleihen. Die starken visuellen Elemente des Gedichts („Engelfiguren, die bei blauen Glocken / im Felde standen“) erzeugen ein sinnliches, fast malerisches Bild.
Insgesamt ist das Gedicht von Rilke ein eindrucksvolles Beispiel für seine Fähigkeit, komplexe Gefühlszustände und Wahrnehmungen in poetischer Sprache auszudrücken. Es handelt weniger davon, zu sagen, was tatsächlich geschieht, als vielmehr darum, dem Leser ein Gefühl für die Atmosphäre und Stimmung zu vermitteln, die das lyrische Ich empfindet.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Anfahrt“ des Autors Rainer Maria Rilke. Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1918 zurück. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Bei Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 96 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Die Gedichte „Am Kirchhof zu Königsaal“, „Am Rande der Nacht“ und „An Julius Zeyer“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Zum Autor des Gedichtes „Die Anfahrt“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.
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