Der zufriedene Landmann von Johann Peter Hebel

Denkwol, jez lengi au in Sack,
und trink e Pfifli Rauchtubak,
und fahr jez heim mit Eg und Pflug,
der Laubi meint scho lang, 's seig gnug.
Und wenn der Kaiser usem Rot
in Feld und Forst ufs Jage goht,
se lengt er denkwol au in Sack,
und trinkt e Pfifli Rauchtubak.
Doch trinkt er wenig Freud und Lust,
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es isch em näume gar nit just.
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Die goldne Chrone drucke schwer;
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's isch nit, as wenn's e Schiehut wär.
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Wohl goht em menge Batzen i,
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doch will au menge gfuttert si;
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und woner lost, isch Bitt und Bitt,
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und alli tröste chaner nit.
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Und wenn er hilft, und sorgt und wacht
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vom früeihe Morge bis in d'Nacht,
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und meint, jez heiger alles to,
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se het er erst ke Dank dervo.
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Und wenn, vom Treffe blutig rot,
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der Jeneral im Lager stoht,
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se lengt er endli au in Sack,
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und trinkt e Pfifli Rauchtubak.
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Doch schmeckt's em nit im wilde Gwühl
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bim Ach und Weh und Saitespiel;
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er het turnieret um und um,
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und niemes will en lobe drum.
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Und Fürio und Mordio
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und schweri Wetter ziehnem no;
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do lit der Granedier im Blut,
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und dört e Dorf in Rauch und Glut.
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Und wenn in d'Meß mit Gut und Geld
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der Chaufher reist im wite Feld,
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se lengt er eben au in Sack,
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und holt si Pfifli Rauchtubak.
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Doch schmeckt's der nit, du arme Ma!
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Me sieht der dini Sorgen a,
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und 's Eimoleis, es isch e Gruus,
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es luegt der zu den Augen us.
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De treisch so schwer, es tut der weh;
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doch hesch nit gnug, und möchtsch no me,
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und weisch jo nit, wo ane mit;
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drum schmeckt der au di Pfifli nit.
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Mir schmeckt's Gottlob, und 's isch mer gsund.
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Der Weize lit im füechte Grund,
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und mittem Tau im Morgerot,
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und mit sim Otem segnet's Gott.
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Und 's Anne-Meili flink und froh,
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es wartet mit der Suppe scho,
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und d'Chinderli am chleine Tisch,
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me weiß nit, welles 's fürnehmst isch.
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Drum schmeckt mer au mi Pfifli wohl.
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Denkwol, i füllmer's nonemol!
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Zum frohe Sinn, zum freie Mut,
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und heimetzu schmeckt alles gut.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.5 KB)

Details zum Gedicht „Der zufriedene Landmann“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
56
Anzahl Wörter
355
Entstehungsjahr
1760 - 1826
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts „Der zufriedene Landmann“ ist Johann Peter Hebel. Geboren am 10. Mai 1760, verstarb er am 22. September 1826. Das Gedicht stammt daher aus der späten Aufklärungszeit und kann auch als Teil der Biedermeier- oder Heimatdichtung interpretiert werden.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht in Alemannischer Mundart verfasst ist und dadurch einen besonderen, heimatlichen Charme erhält. Es wirkt durch den Dialekt sehr volksnah und authentisch.

Inhaltlich beschreibt der Text die Zufriedenheit und das einfache Leben eines Landmann. Er stellt dies ins Verhältnis zu anderen Lebensweisen: Dem Kaiser, dem Jeneral und dem Kauffmann. Sie alle lehnen sich wohl auch mal zurück und rauchen ihre Pfeife, doch finden sie im Vergleich zum Landmann weniger Ruhe und Zufriedenheit. Der Kaiser hat eine schwere Krone zu tragen und viel Verantwortung. Der General ist von blutigen Schlachten und dem Leid der Menschen umgeben. Der Kaufmann ist ständig unterwegs, um Profit zu machen und zu handeln. Im Kontrast dazu steht der Landmann, der mit dem, was die Natur ihm gibt, zufrieden ist.

Formal handelt es sich um ein sehr langes, umfangreiches Gedicht mit 56 Versen. Jeder Vers hat seine eigene Silbenzahl, es gibt also kein durchgängiges Metrum. Auch der Reim ist nicht in jedem Vers gleich, was dem Gedicht ein gewisses Maß an rhythmischer Freiheit gibt.

Die Sprache des Gedichts ist bildhaft geprägt. Es werden viele Alltagsmetaphern verwendet, die das Landleben authentisch darstellen. Durch den Dialekt wird eine Vertrautheit zwischen dem lyrischen Ich und dem Leser hergestellt, was auch zur Volkstümlichkeit beiträgt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht „Der zufriedene Landmann“ eine Ode an das einfache, erfüllte Landleben ist. Der Autor verdeutlicht, dass wahre Zufriedenheit nicht in Macht (Kaiser), Tapferkeit (General) oder Reichtum (Kaufmann) liegt, sondern in der Besinnung auf die natürlichen Grundlagen des Lebens und der Zufriedenheit mit dem, was man hat.

Weitere Informationen

Johann Peter Hebel ist der Autor des Gedichtes „Der zufriedene Landmann“. Geboren wurde Hebel im Jahr 1760 in Basel. Im Zeitraum zwischen 1776 und 1826 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 56 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 355 Worte. Weitere Werke des Dichters Johann Peter Hebel sind „Der Knabe im Erdbeerschlag“, „Der Käfer“ und „Der Mann im Mond“. Zum Autor des Gedichtes „Der zufriedene Landmann“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 60 Gedichte vor.

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