Bruchstücke von Johann Peter Hebel

1
Es lütet Bettzit überal,
der Himmel dunklet no und no,
und 's flimmeret im Himmelssaal
e Sternli dört, e Sternli do.
 
2
Der Wächter rüeft der Morgen a:
»Wacht auf, wacht auf, der Tag beginnt!«
Druf luegt ei Sternli 's ander a:
10 
»Wär's mügli? Wie doch d'Zit verrinnt!«
11 
Der Mond luegt, was si Zitli seit,
12 
er traut em nit, er hebt's ans Ohr,
13 
er seit, der Wächter isch nit gscheit,
14 
si Uhr goht um zwo Stunde vor.
15 
Druf sitze d'Sternli alli nieder
16 
und nehme's Rad und spinne wieder.
 
17 
3
18 
Bat, mer sin so still, und 's isch so wit no go Basel
19 
bis ans Bläsitor und uf di lustigi Rhibruck.
20 
Giget der Sepli zum Tanz, viel lustiger tanzt men und ringer.
21 
Spröchet men unterwegs, viel ringer chunnt me go Basel.
22 
Rot mer hi und rot mer her: was chaufi mer z'Basel?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Bruchstücke“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
22
Anzahl Wörter
139
Entstehungsjahr
1760 - 1826
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Johann Peter Hebel, ein deutsch-schweizerischer Dichter, Autor und Pädagoge, dessen Schaffen vor allem in die Epoche der Weimarer Klassik und Romantik fällt, ist der Verfasser des Gedichts „Bruchstücke“. Hebel schrieb das Gedicht in alemannischer Mundart, was auf den ersten Blick den Zugang zum Text erschwert. Dennoch lässt sich erkennen, dass es sich um die lyrische Darstellung eines Tagesablaufs handelt, wobei das lyrische Ich offenbar einen Spaziergang durch die Nacht bis zum Morgengrauen unternimmt.

In der ersten Strophe wird das Heranbrechen der Nacht beschrieben. Das lyrische Ich nimmt wahr, wie die Dunkelheit sich ausbreitet, parallel dazu leuchten Sterne auf. In der zweiten Strophe kündigt der Wächter den neuen Tag an, woraufhin die Sterne sich untereinander austauschen, ob dies schon möglich ist. Der Mond, der hier auch personifiziert wird, zweifelt an der Aussage des Wächters und meint, dass dessen Uhr zwei Stunden vor gehe. Die Sterne setzen daraufhin ihre Arbeit fort und „spinnen wieder“, was metaphorisch wohl den Lauf der Sterne bzw. der Zeit darstellt.

Die dritte Strophe beschreibt anscheinend einen Spaziergang durch die Stadt Basel, was auf Hebels Herkunft und Lebensmittelpunkt hinweist. Das lyrische Ich erwähnt verschiedene Orte und Aktionen, darunter Tanz und Gespräche, und stellt eine Frage nach dem möglichen Kauf in Basel.

Die Form des Gedichts ist durch Wechsel von vier-, zehn- und fünf-versigen Strophen geprägt. Die Sprache ist, wie gesagt, alemannisch, was eine eigene, regionale Note gibt und den Dialekt als literarisches Stilmittel etabliert. Die Personifikation von Mond und Sternen als handelnde und sprechende Wesen verleiht dem Gedicht eine märchenhafte Atmosphäre. Dabei stellt Hebel den Lauf der Naturphänomene und der Zeit gewissermaßen als einen „zwischenmenschlichen“ Dialog dar und verwandelt so den Tagesablauf in ein poetisch-magisches Geschehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hebel in seinem Gedicht „Bruchstücke“ den zyklischen Verlauf der Zeit auf eine einzigartige, verspielte und magische Weise darstellt und dabei den Dialekt als tragendes poetisches Element nutzt.

Weitere Informationen

Johann Peter Hebel ist der Autor des Gedichtes „Bruchstücke“. Geboren wurde Hebel im Jahr 1760 in Basel. Zwischen den Jahren 1776 und 1826 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 139 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 22 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Peter Hebel sind „An Herrn Geheimerath v. Ittner“, „Auf den Tod eines Zechers“ und „Auf einem Grabe“. Zum Autor des Gedichtes „Bruchstücke“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 60 Gedichte vor.

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