Der tote Wald von Karl Kraus

Durch eure Macht, durch euer Mühn
bin ich ergraut. Einst war ich grün.
Seht meine jetzige Gestalt.
Ich war ein Wald! Ich war ein Wald!
 
Der Seele war in meinem Dom,
ihr Christen hört, ihr ewges Rom!
In meinem Schweigen war das Wort.
Und euer Tun bedeutet Mord!
 
Fluch euch, die das mir angetan!
10 
Nie wieder steig’ ich himmelan!
11 
Wie war ich grün. Wie bin ich alt.
12 
Ich war ein Wald! Ich war ein Wald!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.7 KB)

Details zum Gedicht „Der tote Wald“

Autor
Karl Kraus
Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
75
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der tote Wald“ wurde von Karl Kraus verfasst, einem österreichischen Schriftsteller, Satiriker und Publizisten, der von 1874 bis 1936 lebte. Kraus war bekannt für seine scharfe Kritik an der Gesellschaft, Politik und den Medien seiner Zeit. Daher lässt sich das Gedicht in den Kontext der kulturellen und gesellschaftlichen Umbrüche um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert einordnen.

Schon beim ersten Lesen des Gedichts entsteht ein Gefühl von Vorwurf und Traurigkeit. Das lyrische Ich, das hier möglicherweise einen Wald repräsentiert, fühlt sich von Menschen vernachlässigt und missbraucht. Das lyrische Ich wirft den Menschen vor, es durch ihr Tun verändert und letztlich zerstört zu haben. Früher war es grün und voller Leben, nun ist es nur noch ein Schatten seiner selbst.

Inhaltlich kritisiert das Gedicht die menschliche Gleichgültigkeit und Zerstörung der Natur. Der ehemals lebendige Wald ist nun tot, seine einstige grüne Pracht ist ergraut und alt. Der Wald, der einst symbolisch für Leben, Wachstum und eine Verbindung zur Spiritualität stand, ist nun ein Symbol des Todes und der Vernichtung geworden. Durch diesen drastischen Wandel wird die Verantwortung der Menschen für den Zustand der Natur unterstrichen und sie werden zur Rechenschaft gezogen.

Die Form des Gedichts ist klar und geradlinig, es besteht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen. Die Wiederholung des Satzes „Ich war ein Wald! Ich war ein Wald!“ am Ende von Strophe eins und drei erfüllt einerseits eine dramatische Funktion und verleiht dem Gedicht andererseits eine gewisse Symmetrie. Die Sprache ist eingängig und direkt, die Worte sind aussagekräftig gewählt, und der Einsatz von Ausrufezeichen verstärkt den Ton der Anklage.

Die Poesie von Karl Kraus ist bekannt für ihre satirische Schärfe, und in „Der tote Wald“ richtet sich diese Schärfe gegen menschliches Fehlverhalten und Umweltzerstörung. Der Wald wird hier als leidenschaftlicher Ankläger menschlichen Tuns dargestellt, und die starke emotionale Aufladung des Gedichts macht es zu einem eindringlichen Appell für den Schutz und die Bewahrung der Natur.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der tote Wald“ des Autors Karl Kraus. Der Autor Karl Kraus wurde 1874 in Jičín (WP), Böhmen geboren. Im Jahr 1920 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist München. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 75 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Der Dichter Karl Kraus ist auch der Autor für Gedichte wie „An einen alten Lehrer“, „Auferstehung“ und „Aus jungen Tagen“. Zum Autor des Gedichtes „Der tote Wald“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 61 Gedichte vor.

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