Am Neujahrstage 1818 von Luise Hensel

Laß doch, Herr! in meinem Leben
Nicht dies Jahr vergeblich sein;
Gieb Verlangen und Bestreben,
Meine Seele dir zu weihn.
Laß mich nicht mein eigen sein!
 
Viele Jahre sind vorüber,
Die im Leichtsinn ich durchlebt;
Ach! jetzt wär' es mir viel lieber,
Hätt' ich ernst nach Dir gestrebt,
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Nicht am Eiteln so geklebt.
 
11 
Meine Seele liegt in Ketten
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Unter schwerer Sünden Last,
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Ringt und kann sich doch nicht retten
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Aus der Sünde, die sie haßt
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Und doch immer wieder faßt.
 
16 
Löse Du, o Herr! die Ketten,
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Nimm vom Herzen mir die Last.
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Deine Hand nur kann mich retten,
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Wenn sie mächtig mich umfaßt.
20 
Laß mir weder Ruh' noch Rast!
 
21 
Herr! in den vergang'nen Tagen
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Hab' ich wenig dich geliebt,
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Wollte nie Dein Kreuz Dir tragen,
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Habe Dich so oft betrübt,
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Mich im Guten schlecht geübt.
 
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Ach! ich selbst kann's nicht vollbringen,
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Und ich muß doch zu Dir hin;
28 
Du, mein Gott, Du selbst mußt zwingen
29 
Den verkehrten, eiteln Sinn,
30 
Bis ich Dir geheiligt bin.
31 
Amen, Amen,
32 
In Jesu Namen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Am Neujahrstage 1818“

Autor
Luise Hensel
Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
169
Entstehungsjahr
1798 - 1876
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Am Neujahrstage 1818“ ist von der deutschen Dichterin Luise Hensel, welche von 1798 bis 1876 lebte. Sie fällt somit in die Epoche der Biedermeierzeit und des Vormärz. Das Gedicht ist ein typisches Beispiel für die religiöse Lyrik der Epoche.

Erster Eindruck des Gedichts ist seine tiefe Religiosität und selbstkritische Reflexion des eigenen Lebens. Der Autor zeigt Reue und den Wunsch nach spiritueller Veränderung im neuen Jahr. Das lyrische Ich bittet Gott, ihm bei dieser Veränderung zu helfen.

Der Inhalt des Gedichts ist eine Bitte an Gott um spirituelle Führung und Vergebung. Das lyrische Ich reflektiert über seine vergangene Sündhaftigkeit und seine Unfähigkeit, sich selbst zu retten. Es zeigt tiefes Bedauern über seine frühere Lässigkeit und Oberflächlichkeit und äußert den Wunsch, das neue Jahr in Gottesdienst und Hingabe zu verbringen. Es erkennt seine Abhängigkeit von Gottes Gnade und bittet Gott, es aus seiner Sünde zu befreien und es ihm ermöglichen, ein besseres Leben zu führen. Beendet wird das Gedicht mit einem starken Ausschließungsappell in Form eines „Amen“, das die Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit der Bitte unterstreicht.

Das Gedicht zeigt eine einfache Form mit sechs Strophen, die jeweils aus fünf Versen bestehen, mit Ausnahme der letzten Strophe, die sieben Verse hat. Es zeichnet sich durch einen klaren und leicht verständlichen Sprachstil aus, der jedoch emotional beladen ist. Die Anrede an Gott und der ständige Bezug auf religiöse Themen wie die Sünde, die Befreiung durch Gott und das Verlangen nach spiritueller Veränderung spiegeln die tiefe Religiosität des Gedichts und der Autorin wider. Zudem wirkt es sehr perspektivisch aufgrund der Ich-Perspektive, was es dem Leser ermöglicht, sich mit den Gefühlen und Gedanken des lyrischen Ichs zu identifizieren.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Am Neujahrstage 1818“ der Autorin Luise Hensel. Hensel wurde im Jahr 1798 in Linum geboren. Zwischen den Jahren 1814 und 1876 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 169 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Die Dichterin Luise Hensel ist auch die Autorin für Gedichte wie „Soll mir Jesus liebevoll sich zeigen“, „Gruß an Maria“ und „O nimm die kleine Gabe gern“. Zur Autorin des Gedichtes „Am Neujahrstage 1818“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 255 Gedichte vor.

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