Der neue Pygmalion 1790 von Friedrich von Matthisson

Ich grub, da schon der Purpursaum
Der Abendwolke blich,
Ein Bild in den erwählten Baum
Das deinem Bilde glich.
 
Doch wars wohl nur ein Zauberspiel
Der goldnen Fantasie
Das dem verzeichneten Profil
Des Urbilds Züge lieh.
 
Ich ahnte, wie Pygmalion,
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Des Blickes Feuergeist
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Und eines Göttermundes Ton
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Der Steine wandeln heißt.
 
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Da säuselte des Rasens Grün,
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Wie wenn, behend und leicht,
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Im Tanz die Elfenkönigin
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Die zarten Halme beugt.
 
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Ich fühlt’ es lind, wie Geisterkuß,
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Die Wangen mir umwehn,
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Auch hab’ ich an des Baumes Fuß
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Ein Flämmchen wanken sehn.
 
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Das glitt am dunkeln Stamm hinan,
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Auf Oberons Geheiß,
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Und ward um deinem Bilde dann
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Ein silberheller Kreis;
 
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Sanft, wie der Schein um Rafaels
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Madonnenbilder stralt,
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Und im Kristall des Wiesenquells
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Der stille Mond sich malt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „Der neue Pygmalion 1790“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
126
Entstehungsjahr
1799
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der neue Pygmalion 1790“ ist von Friedrich von Matthisson, einem deutschen Lyriker, der die Zeit der literarischen Epoche der Empfindsamkeit und des frühen Sturm und Drang prägte. Matthisson lebte von 1761 bis 1831, sodass das Gedicht in eine Epoche fällt, in der ästhetische und emotionale Ausdrucksformen im Mittelpunkt des literarischen Schaffens standen.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt die romantische, fast schwärmerische Atmosphäre auf, die durch die detaillierten Natureindrücke und das intensive Empfinden des lyrischen Ichs erzeugt wird. Zugleich wird das Motiv der Kunst im Bezug zum natürlichen Erleben ins Zentrum gerückt.

Das lyrische Ich erzählt davon, wie es ein Bild in einen Baum geschnitzt hat, das einer geliebten Person ähnelt. Zudem scheint es, dass das lyrische Ich sich wünscht, dieses Bild würde zum Leben erweckt - ähnlich wie der antike Bildhauer Pygmalion, der sich in eine von ihm geschaffene Statue verliebte, diese durch seine Liebe zum Leben erweckte und schlussendlich heiratete. Dieses Begehren nach der Verschmelzung von Kunst und Leben wird metaphorisch und durch den Einsatz mythischer und naturbezogener Bilder ausgedrückt.

Formal betrachtet besteht das Gedicht aus sieben vierzeiligen Strophen. Die Sprache ist eher altmodisch und kunstvoll, was sich beispielsweise in der Verwendung bestimmter Wörter (z.B. „Flämmchen“, „Zauberspiel“) zeigt. Auch die Wahl des antiken Pygmalion-Stoffes weist auf eine Hochschätzung der Hochkultur hin. Zugleich sind die Naturschilderungen von hoher Anschaulichkeit und Sensitivität, was typisch für die Epoche der Empfindsamkeit ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieses Gedicht eine tiefe Sehnsucht nach Schönheit und Harmonie zum Ausdruck bringt, die das lyrische Ich sowohl in der Natur als auch in der Kunst findet. Dabei wird die Kunst als Medium gesehen, das die Möglichkeit bietet, die Schönheit der Realität zu verdichten und zu verewigen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der neue Pygmalion 1790“ des Autors Friedrich von Matthisson. Im Jahr 1761 wurde Matthisson in Hohendodeleben bei Magdeburg geboren. Im Jahr 1799 ist das Gedicht entstanden. In Tübingen ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 126 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Friedrich von Matthisson ist auch der Autor für Gedichte wie „Hexenfund“, „Lied der Nixen“ und „Sehnsucht nach Rom“. Zum Autor des Gedichtes „Der neue Pygmalion 1790“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 11 Gedichte vor.

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