Abschied von meiner Zelle von Luise Hensel

Leb' wohl, du traute Zelle,
In Tränen grüß' ich dich;
Denn wieder trägt die Welle
Zum fernen Lande mich!
 
O, wäre mir beschieden
So stiller Tage Ziel!
Denn nimmer findet Frieden
Mein Herz im Weltgewühl.
 
Dort herrschen wild die Sinne,
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Der Stolz sich mächtig bläht,
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Hier rufet Gottesminne
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In Demut und Gebet.
 
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Doch Jesus hat gerufen,
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Und willig folgt mein Herz,
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Legt auf des Altars Stufen
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Als Opfer seinen Schmerz.
 
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Und dort, wo frech die Sünde
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Das Schlangenhaupt erhebt,
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Daß manchem Gotteskinde
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Das Herz darob erbebt;
 
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Wo Lug und Trug sich heben
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Gen Tempel und Altar,
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Da will ich Zeugnis geben
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Mit treuer Christen Schar.
 
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Hilf, Herr! mir treu verwalten,
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Was du verlangst von mir,
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Und fest im Sturme halten
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Dein heilig Kreuzpanier.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Abschied von meiner Zelle“

Autor
Luise Hensel
Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
123
Entstehungsjahr
1798 - 1876
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Abschied von meiner Zelle“ wurde von der deutschen Schriftstellerin und Dichterin Luise Hensel verfasst, die von 1798 bis 1876 lebte. Das Werk stammt demnach aus dem 19. Jahrhundert, einer Zeit, in der besonders die romantische Literatur blühte.

Der erste Eindruck vermittelt den Abschiedsschmerz und die Sehnsucht nach Frieden und Ruhe, die das Individuum in der weltlichen Gesellschaft nicht finden kann. Das lyrische Ich befindet sich in einem Konflikt zwischen innerem Frieden und den Verpflichtungen in der Welt.

Inhaltlich verabschiedet sich das lyrische Ich mit Tränen von seiner geliebten Zelle, die wohl als Metapher für einen Ort der Ruhe und des inneren Friedens steht. Es wird an ein fernes Land getragen, wo es sich nicht wohl fühlt (Strophe 1 und 2). Das lyrische Ich sieht Wildheit, Stolz und Sünde in der Welt (Strophe 3 und 5), wohingegen in der Zelle Gottesliebe, Demut und Gebet herrschen. Dennoch folgt es einem Ruf, vermutlich einer Pflicht oder Berufung, und bringt sein Opfer (Strophe 4). Es möchte Zeugnis ablegen und gegen Lug und Trug auftreten (Strophe 6), und bittet Gott um Hilfe und Stärke in dieser Aufgabe (Strophe 7).

Formell besteht das Gedicht aus sieben Strophen mit jeweils vier Versen. Das Reimschema ist durchgehend Kreuzreim (abab). Es werden hauptsächlich jambische und trochäische Versfüße verwendet, wodurch das Gedicht einen gleichmäßigen Rhythmus erhält.

Die Sprache ist altertümlich und biblisch geprägt, mit Anspielungen auf christliche Motive wie das Kreuz, den Altar, die Sünde und die Hingabe. Das lyrische Ich spricht direkt zu Gott und verwendet viele Metaphern und Symbole.

Insgesamt drückt das Gedicht den inneren Konflikt aus, den das Individuum zwischen seinem Streben nach innerem Frieden und den Forderungen der Welt erlebt. Es zeigt den Kampf zwischen weltlichen und geistlichen Werten und die Unruhe, die dieses Spannungsfeld in der Seele hervorruft. Es ist ein leidenschaftlicher Appell an die religiöse Überzeugung und die Notwendigkeit, in der Welt Zeugnis abzulegen, trotz der Sehnsucht nach Ruhe und Frieden.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Abschied von meiner Zelle“ der Autorin Luise Hensel. Die Autorin Luise Hensel wurde 1798 in Linum geboren. In der Zeit von 1814 bis 1876 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 123 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Luise Hensel sind „Nach Ihm nur einzig streben“, „Süßer Jesus, kehre wieder“ und „Soll mir Jesus liebevoll sich zeigen“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Abschied von meiner Zelle“ weitere 255 Gedichte vor.

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