Zage nicht! von Johann Gottfried Herder

Der Du in dem Sturm des Unglücks
Mastlos und entsegelt fährst,
Zage nicht! noch ist zu hoffen;
Plötzlich steht der Hafen offen,
Wo Du Dich dem Sturm entwehrst.
 
Man entwaffnet durch die Hoffnung
Künft'gen Guts des Uebels Wuth;
Sieh, auf flüchtigem Gefieder
Stürzet Nacht und Tag hernieder,
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Und der Nord ergrimmt und ruht.
 
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Unter wechselnden Gestalten
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Steht erschaffend die Natur;
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So geschäftig steht der Weise
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In der Aenderungen Kreise,
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Stürzet nicht, entweichet nur.
 
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Lieget unter kalten Schneen
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Sicher nicht die goldne Saat?
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Unter diesem starren Schleier
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Ruhet sie, bis daß das Feuer
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Titan's sie erwärmet hat.
 
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Die Du edler als die Liebe,
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Meines Lebens Athem bist,
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Sanfte Hoffnung, Dir zu Ehren
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Lass' ich frohe Töne hören;
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Du bist mehr, als Amor ist.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Zage nicht!“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
122
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Zage nicht!“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, einem der bedeutendsten Dichter und Denker der Weimarer Klassik, die von 1750 bis 1805 angesiedelt ist.

Auf den ersten Eindruck hin ist das Gedicht positiv gestimmt und zielgerichtet. Das lyrische Ich schickt eine motivierende Nachricht an den Empfänger, gibt ihm Hoffnung und Unterstützung in schwierigen Zeiten und ermutigt ihn, sich gegen die Widrigkeiten zu stellen.

Inhaltlich handelt das Gedicht von der Macht der Hoffnung in Zeiten des Unglücks bzw. Sturms. Es wird ein Appell an die Hoffnung gerichtet, die als treibende Kraft in umwälzenden Zeiten dargestellt wird. Das lyrische Ich vermittelt dabei die Botschaft, dass auch in den dunkelsten Stunden immer noch Hoffnung besteht und diese einen durch jedes Unglück führen kann. In weiteren Strophen wird das Konzept der Hoffnung weiter ausgearbeitet, und es wird darauf hingewiesen, wie die Hoffnung auf eine bessere Zukunft die Wut und das Übel, die möglicherweise gegenwärtig sind, beruhigen kann.

Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen, die jeweils aus fünf Versen bestehen. Es hat eine melodische Rhythmik, welche die Worte und die Botschaft hervorhebt. Die Sprache ist metaphorisch und bildhaft, sie dingfestigt abstrakte Konzepte wie Hoffnung, Glück und Unglück und stellt sie in einem konkreten Kontext dar. Die Personifizierung der Hoffnung in der letzten Strophe ist besonders bemerkenswert. Sie wird als größer als Amor, d.h. als die Liebe, dargestellt, ein deutlicher Hinweis auf die hohe Bedeutung, die Herder der Hoffnung beimisst.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Zage nicht!“ ein ermutigendes Gedicht ist, das eine tiefe Anerkennung und Respekt für die Macht der Hoffnung ausdrückt. Es beleuchtet auch Johann Gottfried Herders Verständnis von der Wechselhaftigkeit des Lebens und der Natur und wie Menschen sich in diesen Veränderungen positionieren. Das lyrische Ich ist dabei immer bestrebt, dem Adressaten des Gedichts Mut zu geben und die Hoffnung aufrecht zu erhalten.

Weitere Informationen

Johann Gottfried Herder ist der Autor des Gedichtes „Zage nicht!“. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1760 und 1803. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zu. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Als Sturm und Drang (auch Genieperiode oder Geniezeit) bezeichnet man eine Epoche der Literatur, die auf die Jahre 1765 bis 1790 datiert werden kann. Sie knüpfte an die Empfindsamkeit an und ging später in die Klassik über. Die Literaturepoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich dabei gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich darüber hinaus auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest der Epoche des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Die Autoren des Sturm und Drang waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, häufig unter 30 Jahre alt. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Mit der Hinwendung Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Prägend für die Literatur der Weimarer Klassik war die Französische Revolution. Menschen setzten sich dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Der Beginn der Weimarer Klassik ist im Jahr 1786 auszumachen. Die Epoche der Klassik endete im Jahr 1832 mit dem Tod Goethes. Sowohl Klassik als auch Weimarer Klassik sind häufig verwendete Bezeichnungen für die Literaturepoche. Die Klassik orientiert sich an traditionellen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. In der Lyrik haben die Dichter auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders beliebt. Des Weiteren verwendeten die Autoren jener Zeit eine pathetische, gehobene Sprache. Goethe, Schiller, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Weimarer Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 122 Worte. Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Bilder und Träume“, „Das Flüchtigste“ und „Das Gesetz der Welten im Menschen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Zage nicht!“ weitere 413 Gedichte vor.

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