Erwartung von Johann Gottfried Herder

Du flüsterst, kleiner Silberbach,
Im Kosen sanfter Wellen
Der Liebe süße Wünsche nach,
Die meinen Busen schwellen.
Voll Ruh, wie Du,
Ist meine Vielgeliebte;
O, daß nie Sturm und Ungemach
Ihr schönes Leben trübte!
 
Du, dieses Eichthals Widerhall,
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Vernimm der Treue Lieder!
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Und tön' in zwiefach starkem Schall
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Den Namen Lina wieder!
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Vielleicht erreicht
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Der Ton des Liebchens Wohnung;
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Dann harrt sie mein am Wasserfall,
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Giebt küssend mir Belohnung.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Erwartung“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
69
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Erwartung“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, einem Dichter und Schriftsteller, der in der Zeit der Aufklärung und der beginnenden Romantik lebte.

Der erste Eindruck des Gedichts ist der einer liebevollen und romantischen Atmosphäre. Das lyrische Ich drückt seine Liebe und Zuneigung zu seiner „Vielgeliebten“ aus, und er verwendet die natürliche Umgebung, in der er sich befindet, als Metapher für seine Gefühle.

Das lyrische Ich spricht in diesem Gedicht zu einem kleinen Bach und bittet ihn, seine Liebesversprechen zur Geliebten zu tragen. Es nutzt die Natur als Medium, um seine Liebe zu kommunizieren. In der Tat, das lyrische Ich personifiziert den „kleinen Silberbach“ und den „Widerhall dieses Eichthals“, indem es ihnen menschliche Fähigkeiten verleiht - das Flüstern und das Vernehmen und Wiederholen der Lieder der Treue. Es hofft, dass der Ton seiner Liebe die Wohnung der Geliebten erreicht, so dass sie ihn am Wasserfall erwartet und ihm mit einem Kuss belohnt.

Formal besteht das Gedicht aus zwei lebhaften Strophen mit jeweils acht Versen. Es hat kein festes Reimschema, sondern verwendet den freien Vers, was typisch für die Lyrik der Romantik ist. Die Sprache des Gedichts ist einfach, geprägt von Alltäglichkeit und Natürlichkeit, was den tiefen emotionalen Gehalt unterstreicht und dem lyrischen Ich eine ehrliche und aufrichtige Stimme gibt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Erwartung“ ein emblematisches Beispiel für die lyrische Poesie der Romantik ist, das sowohl die tiefe Verbindung zwischen Mensch und Natur als auch die emotionale Intensität und die Introspektive der Dichter dieser Epoche widerspiegelt.

Weitere Informationen

Johann Gottfried Herder ist der Autor des Gedichtes „Erwartung“. Geboren wurde Herder im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen). Im Zeitraum zwischen 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Literaturepochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Die Epoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich darüber hinaus auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest der Epoche des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um junge Autoren. Um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde insbesondere darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Die Literaturepoche der Weimarer Klassik dauerte von 1786 bis 1832 an. Zentrale Vertreter dieser Literaturepoche waren Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die zeitliche Abgrenzung orientiert sich dabei an dem Schaffen Goethes. So wird dessen erste Italienreise im Jahr 1786 als Beginn der deutschen Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod im Jahr 1832 ihr Ende nahm. Wie der Name bereits verrät, liegen das literarische Zentrum und der Ausgangspunkt der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Zum Teil wird auch Jena als ein weiteres Zentrum der Literaturepoche angesehen. Der Begriff Humanität ist prägend für die Zeit der Weimarer Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Selbstbestimmung, Harmonie, Menschlichkeit, Toleranz und die Schönheit. In der Weimarer Klassik wird eine einheitliche, geordnete Sprache verwendet. Kurze, allgemeingültige Aussagen sind häufig in Werken der Weimarer Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, setzte man großen Wert auf formale Ordnung und Stabilität. Metrische Ausnahmen befinden sich immer wieder an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die wichtigen Vertreter der Weimarer Klassik sind: Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.

Das vorliegende Gedicht umfasst 69 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „An Auroren“, „An den Schlaf“ und „An die Freundschaft“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Erwartung“ weitere 413 Gedichte vor.

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