Der innere Architekt von Wilhelm Busch
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Wem’s in der Unterwelt zu still, |
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Wer oberhalb erscheinen will, |
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Der baut sich, je nach seiner Weise, |
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Ein sichtbarliches Wohngehäuse. |
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Er ist ein blinder Architekt, |
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Der selbst nicht weiß, was er bezweckt. |
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Dennoch verfertigt er genau |
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Sich kunstvoll seinen Leibesbau, |
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Und sollte mal was dran passieren, |
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Kann er’s verputzen und verschmieren, |
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Und ist er etwa gar ein solch |
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Geschicktes Tierlein wie der Molch, |
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Dann ist ihm alles einerlei, |
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Und wär’s ein Bein, er macht es neu. |
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Nur schad, daß, was so froh begründet, |
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So traurig mit der Zeit verschwindet, |
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Wie schließlich jeder Bau hienieden, |
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Sogar die stolzen Pyramiden. |
Details zum Gedicht „Der innere Architekt“
Wilhelm Busch
3
18
101
nach 1848
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichts ist Wilhelm Busch, ein deutscher Dichter und Zeichner aus dem 19. Jahrhundert. Bekannt ist er vor allem für seine humorvollen, oft satirischen Verse und Zeichnungen. Sein Schaffen legt nahe, dass dieses Gedicht ungefähr in die gleiche Zeit einzusortieren ist wie seine bekannteste Werke, und also vermutlich aus dem späten 19. Jahrhundert stammt.
Beim ersten Durchlesen fällt die besondere Sprachwahl und die metaphorische Darstellung des lyrischen Ichs auf. Die ruhige, bedächtige Sprache und der Gedankengang des lyrischen Ichs erzeugen eine nachdenkliche Stimmung.
In einfachen Worten geht es in dem Gedicht um eine Person, das lyrische Ich, die sich als Architekten ihres eigenen Lebens und Körpers sieht. Dabei wird der Bau des Körpers und das Leben selbst als permanente Baustelle dargestellt, an der das lyrische Ich je nach Bedarf repariert und ergänzt. Die metaphorische Darstellung von Wiederherstellungsprozessen im menschlichen Körper, etwa durch das Beispiel des Molchs, betont die Regenerationsfähigkeit des Körpers. Allerdings endet das Gedicht mit einer eher melancholischen Erinnerung an die Vergänglichkeit allen Seins, symbolisiert durch den Verfall selbst der größten Bauwerke wie der Pyramiden.
Die Form des Gedichts weist die Struktur klassischer Verse auf. Es besteht aus drei Strophen, die unterschiedlich lang sind. Die Verse sind in Reimen verfasst, wobei das Reimschema sich ändert. Ein starker Rhythmus ist nicht durchgängig vorhanden, wodurch das Gedicht eher wie eine tiefgründige Reflexion als wie ein Lied wirkt.
Die Wahl der Sprache ist klar und eindringlich, mit leicht verständlichen Metaphern. Besonders auffallend ist hier das Bild des 'inneren Architekten': es macht das lyrische Ich zu einem aktiven Gestalter und Baumeister seines Lebens und Körpers, statt nur passivem Empfänger von äußeren Einflüssen. Der Bildsprache ist avantgardistisch, da sie Baufertigkeiten und das Leben miteinander verbindet und die Vergänglichkeit als unausweichlichen Teil des Lebens darstellt.
Zusammengefasst ist dieses Gedicht eine tiefgründige Meditation über das Leben und die Vergänglichkeit, als Prozess des wiederholten Aufbaus, der Reparatur und des schließlichen Verfalls. Es ist daher sowohl eine Hommage an das Leben und unsere Fähigkeit zur Selbstheilung als auch eine Erinnerung an unsere Vergänglichkeit.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Der innere Architekt“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Wilhelm Busch. Busch wurde im Jahr 1832 in Wiedensahl geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1848 bis 1908 entstanden. Wiesbaden u. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 101 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Weitere Werke des Dichters Wilhelm Busch sind „Ach, wie geht’s dem Heilgen Vater“, „Als Christus der Herr in Garten ging“ und „Als er noch krause Locken trug“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der innere Architekt“ weitere 208 Gedichte vor.
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Zum Autor Wilhelm Busch sind auf abi-pur.de 208 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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