Der heuchelnde Sophist von Johann Gottfried Herder

Niemand wird sagen: »Ich bin ein Sophist!«
Um desto seiner giebt die Schule Trug
Für Wahrheit, Lüg' und Larve für Verstand
Und nennt ihr Dogma reines Postulat.
 
Dagegen Aretin mit seiner Secte,
Er schämete sich des Cynismus nicht,
Gab Dorn und Rosen mit einander, schwätzte
Hochprahlend Gut- und Böses - Alles nur
Zum Scherz, nicht zum Betruge; denn es schämte
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Sich Aretin, daß man ihn minder arg
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Und schamlos achte, als er selbst sein will.
 
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Jene verdecken sorgsam den Betrug,
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Verstopfen jeden Mund, der sie der List
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Und Lüge zeih', verbieten jedes Buch,
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Das ihre Fallstrick' offenbare. Ist
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Gefährlich Einer, ist es der Sophist.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Der heuchelnde Sophist“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der heuchelnde Sophist“ wurde von Johann Gottfried Herder geschrieben, der von 1744 bis 1803 lebte. Damit fällt es in die Zeit der Aufklärung.

Auf den ersten Eindruck macht das Gedicht einen kritischen Eindruck, da der Dichter den Begriff „Sophist“ negativ besetzt. Sophisten waren in der Antike Lehrer, die Rhetorik und Philosophie unterrichteten und dafür oft kritisiert wurden, weil sie Geld für ihre Dienste verlangten. Dies kann als Kritik an Menschen gesehen werden, die ihre Wissen und Fähigkeiten dazu nutzen, andere zu täuschen oder zu manipulieren.

Inhaltlich beleuchtet Herder zwei verschiedene Arten von Sophisten: Jene, die ihre wahre Natur verbergen und jene, die offen zu ihr stehen. In der ersten Strophe spricht er jene an, die ihre manipulative Natur verstecken und ihre Lügen als Tatsachen darstellen. In der zweiten Strophe hingegen beschreibt er einen sophistischen Charakter namens Aretin, der offen zu seiner Zynischen Natur steht und sich sogar dafür schämt, wenn er als weniger bösartig angesehen wird. In der dritten und letzten Strophe kehrt er dann zurück zu der Betrachtung der heuchelnden Sophisten und betont das Dilemma und die Gefahr, die von ihnen ausgeht.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts lässt sich sagen, dass dieses in Versen geschrieben ist, wobei jede Strophe eine unterschiedliche Anzahl von Versen aufweist. Die Sprache des Gedichts ist eher komplex und verwendet viele Metaphern und Symbole. Ein Beispiel dafür ist das „reine Postulat“, das als Metapher für selbstauferlegte Regeln oder Überzeugungen verstanden werden kann.

Insgesamt scheint Herder mit diesem Gedicht vor dem Betrug und der Manipulation durch sogenannte „Sophisten“ warnen zu wollen. Dabei bemängelt er sowohl jene, die heuchlerisch ihre wahren Absichten verstecken, als auch jene, die offen zu ihrer bösartigen Natur stehen und damit prahlen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der heuchelnde Sophist“ ist Johann Gottfried Herder. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1760 und 1803. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von etwa 1765 bis 1790 und wird häufig auch zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Der Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Protest- und Jugendbewegung gegen die aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung. Die Autoren der Epoche des Sturm und Drangs waren häufig unter 30 Jahre alt. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die traditionellen Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit dem Hinwenden Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Goethe (geboren am 28. August 1749 in Frankfurt am Main; verstorben am 22. März 1832 in Weimar) ist einer der bedeutendsten Dichter der Weimarer Klassik. Im Jahr 1786 unternahm Goethe eine Italienreise, diese wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Das Ende der Literaturepoche ist im Jahr 1832 auszumachen. Das Zentrum der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Von zentraler Bedeutung für die Zeit der Weimarer Klassik ist der Begriff Humanität. Toleranz, Menschlichkeit, Selbstbestimmung, Schönheit und Harmonie sind wichtige inhaltliche Merkmale der Weimarer Klassik. Die Weimarer Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. In der Lyrik haben die Autoren auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Beispielsweise war so die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders populär. Darüber hinaus verwendeten die Dichter eine pathetische, gehobene Sprache. Die wichtigsten Autoren der Klassik sind: Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.

Das vorliegende Gedicht umfasst 104 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „Bilder und Träume“, „Das Flüchtigste“ und „Das Gesetz der Welten im Menschen“. Zum Autor des Gedichtes „Der heuchelnde Sophist“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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