Vereinigung des Schönen von Johann Gottfried Herder

Musik und Malerei und Tanz und Dichtkunst stritten
Um ihrer Künste höchsten Werth.
Apollo sprach: »Bei uns sehr wohl gelitten,
Seid drunten Ihr geliebet und verehrt.
Vereinet Euch!« »Ich,« sprach die Liebe,
»Besänftige den alten Zwist.
Ich bild' ein Herz, das jede lieb' und übe
Und sich bei allen selbst vergißt.«
 
Aspasia erschien, und drei- und vierfach strahlet
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In ihr ein reines Ideal.
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Ob sich ihr Herz in Wort und Tönen malet,
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Im Tanz und in der Farben goldnem Strahl:
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Die Kunstgöttinnen all' in allen
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Vergessen gern den alten Zwist
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Und lieben sich in ihr mit Wohlgefallen,
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Die sich bei allem Reiz - vergißt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Vereinigung des Schönen“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Vereinigung des Schönen“ ist von Johann Gottfried Herder, der zwischen 1744 und 1803 gelebt hat und somit der Epoche der Aufklärung zuzuordnen ist. Der erste Eindruck des Gedichts erweckt den Anschein eines klassischen Ästhetikdiskurses, in dem verschiedene Künste um ihren Wert ringen und schließlich eine harmonische Vereinigung finden.

Die beiden Strophen des Gedichts vermitteln eine Geschichte, in der Musik, Malerei, Tanz und Dichtkunst um ihren höchsten Wert streiten. Der Gott Apollo fordert sie dazu auf, sich zu vereinen. Die Liebe tritt als Vermittlerin auf und verspricht, einen alten Zwist durch die Schaffung eines Herzens zu besänftigen, das jede Kunst liebt und übt und sich dabei selbst vergisst. In der zweiten Strophe taucht dann die Figur Aspasia auf, in der alle Künste vereint scheinen und die den alten Streit vergessen lässt.

Das lyrische Ich drückt seinen Wunsch nach Harmonie und Einheit in der Welt der Künste aus. Es setzt die Idee in den Vordergrund, dass keine Kunstform höher oder besser ist, sondern dass jede ihren eigenen Wert hat und dass sie am besten in einer harmonischen Vereinigung wirken können.

Das Gedicht ist in klassischer Form mit einer Kombination aus jambischem und trochäischem Rhythmus geschrieben, was zu einem melodischen Fluss führt. Der Reim (aabbccdd) verleiht dem Gedicht ein traditionelles und klassisches Gefühl. Die Sprache ist didaktisch und konzis, was die aufklärerischen Ideale des Autors unterstreicht. Herder verwendet allegorische Figuren, um seine Botschaft zu übermitteln - Musik, Malerei, Tanz und Dichtkunst werden personifiziert, und der Gott Apollo und die Liebe werden als Vermittler eingesetzt und um Harmonie zu erzeugen.

Insgesamt liefert Herder mit „Vereinigung des Schönen“ eine poetische Darstellung von Ästhetik und Kunst, die für seinen Wunsch nach Harmonie und Gleichheit aller Künste spricht. Diese Konzeption ist charakteristisch für die Aufklärung, in der die Ideale der Gleichheit und Harmonie stark betont wurden.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Vereinigung des Schönen“ des Autors Johann Gottfried Herder. Der Autor Johann Gottfried Herder wurde 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird die Epoche des Sturm und Drang auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig Schriftsteller im jungen Alter, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Die Schriftsteller versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Mit dem Hinwenden Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Die Epoche der Klassik beginnt nach heutiger Auffassung mit der Italienreise Goethes, die er im Jahr 1786 im Alter von 36 Jahren machte. Das Ende der Epoche wird auf 1832 datiert. In der Klassik wurde die Literatur durch Auswirkungen der Französischen Revolution, die ziemlich zu Beginn der Epoche stattfand, entscheidend geprägt. In der Französischen Revolution setzten sich die Menschen dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Wie der Name bereits verrät, liegen der Ausgangspunkt und das literarische Zentrum der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Zum Teil wird auch Jena als ein weiteres Zentrum der Literaturepoche angesehen. Humanität, Güte, Gerechtigkeit, Toleranz, Gewaltlosigkeit und Harmonie sind die wichtigsten Themen. Die Weimarer Klassik orientiert sich am antiken Kunstideal. In der Weimarer Klassik wird eine geordnete, einheitliche Sprache verwendet. Allgemeingültige, kurze Aussagen sind häufig in Werken der Weimarer Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, legte man großen Wert auf Stabilität und formale Ordnung. Metrische Ausnahmen befinden sich häufig an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die populärsten Autoren der Klassik sind: Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.

Das vorliegende Gedicht umfasst 104 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „Das Glück“, „Das Kind der Sorge“ und „Das Orakel“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Vereinigung des Schönen“ weitere 413 Gedichte vor.

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