Meine Blume von Johann Gottfried Herder

Sei gegrüßet, kleine Blume,
Blume der Vollkommenheit,
Die die Heiligen und Weisen
Namlos preisen;
Denn des Herzens schönste Zier
Wohnt in Dir.
 
Nicht auf Höhn, im stillen Thale
Blühest Du, am frischen Quell,
Zeigst des weiten Himmels Bläue,
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Reine Treue,
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Und in ihr der Sonne Gold,
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Mild und hold.
 
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Fragst Du mich, wie heißt die Blume,
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Die den hohen Schmuck uns zeigt:
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Sonnengluth und Himmelsbläue,
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Lieb' und Treue?
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Nimm hier dies Vergißmeinnicht,
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Treu' und Licht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Meine Blume“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
75
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Meine Blume“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, einem bedeutenden Vertreter der Weimarer Klassik, der vom 25. August 1744 bis zum 18. Dezember 1803 lebte.

Beim ersten Eindruck gibt das Gedicht eine friedliche und liebevolle Stimmung weiter. Es besteht aus drei Strophen zu je sechs Versen, in denen das lyrische Ich eine Blume als Symbol für Vollkommenheit, Liebe und Treue benutzt.

Das lyrische Ich richtet seine Worte an eine kleine Blume, welche es wegen der Eigenschaften, die in ihr wohnen, als vollkommen beschreibt. Diese Blume wächst nicht auf Höhen, sondern in der Stille eines Tals, nahe an einem frischen Quell. Sie zeigt die Schönheit des weiten Himmels und dessen blaue Farbe und repräsentiert reine Treue. In ihrem Antlitz findet sich das goldene Licht der Sonne. Die letzte Strophe offenbart, dass diese Blume ein Vergissmeinnicht ist, was ein Symbol für Liebe und Treue darstellt.

In Bezug auf die Form des Gedichts folgt es nicht einem strengen Reimschema, obwohl einige Verspaare durchaus einen Reim besitzen. Die Sprache des Gedichts ist bildhaft und es macht Gebrauch von Metaphern, um die tiefere Bedeutung der Blume zu erklären. Zum Beispiel stellt der Vergleich der Blume mit der Sonne und dem Himmel ihren hohen Wert dar.

Interpretiert man diese Textpassage, so wird klar, dass das lyrische Ich die Werte, die in der Blume verkörpert sind, hochschätzt und sie als essentiell erachtet. Die Blume ist ein Symbol für Liebe und Loyalität, für Einfachheit und Reinheit und zeigt die Schönheit und den Wert von kleinen, einfachen Dingen im Leben. Sie ist kein unnatürliches Produkt hoher Gesellschaften oder künstlicher Schönheit, sondern wächst in natürlicher Umgebung und verkörpert Werte, die als fundamentale Bestandteile des Lebens und des menschlichen Herzens verstanden werden können. Das Schlüsselwort „Vergißmeinnicht“ in der letzten Strophe betont den bleibenden Charakter dieser Werte.

Weitere Informationen

Johann Gottfried Herder ist der Autor des Gedichtes „Meine Blume“. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Protest- und Jugendbewegung gegen die aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung. Die Schriftsteller des Sturm und Drang waren zumeist junge Autoren, häufig unter 30 Jahre alt. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Schiller und Goethe entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei bedeutenden Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt 1786 mit Goethes Italienreise und endet 1832 mit Goethes Tod. Es gibt aber auch Definitionen, die die gemeinsame Schaffenszeit der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik festlegen. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. Von zentraler Bedeutung für die Zeit der Weimarer Klassik ist der Begriff Humanität. Toleranz, Menschlichkeit, Schönheit, Selbstbestimmung und Harmonie sind wichtige inhaltliche Merkmale der Weimarer Klassik. Die Weimarer Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Weimarer Klassik typisch. Während man im Sturm und Drang die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Weimarer Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die wichtigsten Schriftsteller der Klassik sind: Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.

Das 75 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Gottfried Herder sind „An Auroren“, „An den Schlaf“ und „An die Freundschaft“. Zum Autor des Gedichtes „Meine Blume“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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