Der gütige Vater und gerechte Richter von Susanne von Bandemer

Zaleûcus, der den Ehebruch so gern
Auf seinem Staat verbannen wollte,
Gab ein Gesetz hierüber seinen Lokriern,
Mit dieser Drohung, jeder Übertreter sollte
Geblendet werden. Doch zum Unglück übertrat
Sein Erstgeborner das Gesetz. Die Frevelthat
Erbitterte den Richter, seines Sohnes Bitten
Erweichten ihn. Der Vater und der Richter stritten. –
Und wer gewann in diesem Strauß?
 
10 
Wird sich der Richter Gunst, der Vater Streng’ erlauben?
11 
Der strenge Richter ließ dem Sohn ein Auge rauben,
12 
Das andre stach sich selbst der gute Vater aus.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Der gütige Vater und gerechte Richter“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
82
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der gütige Vater und gerechte Richter“ stammt von Susanne von Bandemer, die von 1751 bis 1828 lebte. Damit lässt es sich zeitlich der Epoche der Weimarer Klassik zuordnen, die sich durch strengen Formalismus und hohe moralische Anforderungen auszeichnet.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass ein historischer Kontext in dem Gedicht eine wichtige Rolle spielt. Es handelt von einem antiken Mythos, dem Gesetzgeber Zaleucus, der den Ehebruch in seinem Staat bekämpfen will. Er erlässt ein strenges Gesetz, gegen das aber sein eigener Sohn verstößt. Zaleucus steht nun im Konflikt zwischen Vaterrolle und Richteramt - und dies wird im Gedicht deutlich als zentrales Thema dargestellt.

In einfachen Worten erzählt das Gedicht also die Geschichte von Zaleucus, der als Vater und als Richter zwischen Liebe und Gerechtigkeit entscheiden muss. Er findet letztendlich einen Kompromiss: Er zeigt sich seinem Sohn gegenüber gnädig, indem er nur ein Auge nehmen lässt und blendet als Ausdruck seiner Gerechtigkeit sein eigenes Auge.

Die Form des Gedichtes zeigt sich in zwei klar getrennten Strophen, die auf den Konflikt hinführen und ihn dann lösen. Dabei fällt auf, dass die erste Strophe ausgedehnter ist und die Spannung aufbaut, während die zweite Strophe kurz und bündig die Lösung präsentiert.

Die Sprache des Gedichts ist dabei formal und feierlich, was zum historisch-antiken Kontext des Inhalts passt. Die Worte sind gewählt und legen Wert auf eine klare Erzählung der Geschichte. Gleichzeitig wird die innere Zerrissenheit des Protagonisten durch die sprachliche Darstellung hervorgehoben, indem die beiden Seiten - Vater und Richter - als streitende Parteien dargestellt werden.

Insgesamt vermittelt das Gedicht die Schwere der Entscheidung zwischen Pflicht und familiärer Liebe und zeigt die Last, die Macht und Verantwortung mit sich bringen können. Dabei wird die Figur des Zaleucus als moralisch hochstehend dargestellt, der seine Pflicht erfüllt, aber dabei seine menschliche Seite nicht verliert.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der gütige Vater und gerechte Richter“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Susanne von Bandemer. 1751 wurde Bandemer in Berlin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1802 zurück. Der Erscheinungsort ist Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 82 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Die Dichterin Susanne von Bandemer ist auch die Autorin für Gedichte wie „An Karl Hadermann“, „An Madame Karschin bey Übersendung eines Blumenstrausses am 1. Dezember 1789“ und „An Madame Unzelmann“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Der gütige Vater und gerechte Richter“ weitere 86 Gedichte vor.

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