Das neue Lied von Johann Gottfried Herder

Ein neues Lied! ein neues Lied!
Gesundheit und ein froh Gemüth!
Wer unser neues Lied nicht kann,
Der fang' es heut zu lernen an
Und sei zu üben es bemüht:
Gesundheit und ein froh Gemüth!
 
Wem weiht sich unser neues Lied?
Der Schönheit, die das Herz erzieht.
Wer solche Schönheit lieb gewann,
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Der stimme mit uns jauchzend an:
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Sie lebe, die unsterblich blüht,
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Die Schönheit, die das Herz erzieht!
 
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Ihm, der für Recht und Wahrheit glüht,
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Für Freund und Feind sich edel müht,
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Nie Schlechtes thun und dulden kann,
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Fecht' ihn auch Haß und Mißgunst an,
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Ihm, Freunde, singen wir dies Lied,
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Dem Edelsten, der vor uns blüht.
 
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Der neuen Zeit, die vor uns blüht,
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Dem Blick, der in die Zukunft sieht.
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Wer für die Nachwelt leben kann,
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Ist, auch verkannt, ein sel'ger Mann;
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Ihn ehret froh der Zeiten Lied;
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Glückauf der Zeit, die vor uns blüht!
 
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Noch einmal stimmet an das Lied
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Der Kraft, die Herz an Herzen zieht!
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Ihr weihen wir uns Hand in Hand
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Und knüpfen ein unlösbar Band:
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Der schönsten Kraft, die in uns glüht,
30 
Dir, Freundschaft, Liebe, Hochgemüth!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25 KB)

Details zum Gedicht „Das neue Lied“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
183
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Johann Gottfried Herder, der Autor des Gedichts „Das neue Lied“, lässt sich in die Zeit der Aufklärung und der Spätromantik einordnen. Diese Epoche war geprägt von einer tiefgreifenden kulturellen Veränderung und einer Wertschätzung individueller Freiheit und emotionaler Ausdruckskraft.

Der erste Eindruck lässt das Gedicht froh und lebensbejahend wirken. Es scheint eine Hommage an die Schönheit, Freundschaft und moralische Rechtschaffenheit zu sein und lädt dazu ein, die positiven Aspekte des Lebens zu feiern.

Inhaltlich ist das Gedicht eine Aufruf an alle Menschen, sich an einem „neuen Lied“ zu beteiligen, ein symbolischer Ausdruck für einen neuen Weg im Leben mit Positivität und Freude. Dieses Lied ist ein Lobgesang auf verschiedene Aspekte des Lebens: Gesundheit, innere Schönheit, edles Handeln, Vorausschau und Zukunftsvisionen sowie die Verbindungen zwischen Menschen und die Kämpfe und Erfahrungen, die das Leben ausmachen. Herder lädt alle ein, diesen neuen Weg zu lernen und zu praktizieren.

Formal betrachtet, besteht das Gedicht aus fünf Strophen mit jeweils sechs Versen. Die Struktur ist konsistent und die rhythmische Struktur ist regelmäßig. Die Sprache ist einfach und leicht zugänglich, aber gleichzeitig bildreich und idealistisch. Herder verwendet eine klare und direkte Sprache, um seine Botschaft zu vermitteln. Er benutzt Wiederholungen, um seine Punkte zu verstärken und nutzt einfache Metaphern, um abstrakte Konzepte zu vermitteln.

Abschließend kann man sagen, dass Herders „Das neue Lied“ eine lebendige und bejahende Darstellung des Lebens und seiner vielfältigen Aspekte ist und zu einer positiven und proaktiven Lebenseinstellung anregt. Der Dichter fordert die Leser auf, ihre Perspektive auf die Welt ständig zu erneuern und stets nach Schönheit, Wahrheit, Freundschaft und zukünftigem Glück zu streben.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Das neue Lied“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Geboren wurde Herder im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen). Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1760 und 1803. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von 1765 bis 1790 und wird häufig auch zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Die Epoche des Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. Der Sturm und Drang war die Phase der Rebellion junger deutscher Autoren, die sich gegen das gesellschaftliche System und die Prinzipien der Aufklärung wendeten. Die Autoren des Sturm und Drang waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, häufig unter 30 Jahre alt. Die Schriftsteller versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik dauerte von 1786 bis 1832 an. Zentrale Vertreter dieser Epoche waren Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die zeitliche Abgrenzung orientiert sich dabei an dem Schaffen Goethes. So wird dessen erste Italienreise 1786 als Beginn der deutschen Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod 1832 ihr Ende nahm. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Die Klassik geht von einer Erziehbarkeit des Menschen zum Guten aus. Ihr Bestreben ist die Humanität, die wahre Menschlichkeit (das Schöne, Gute, Wahre). Die Dichter der Klassik gingen davon aus, dass Gott den Menschen Vernunft und Gefühle gibt und die Menschen damit dem Leben einen Sinn geben. Der Mensch ist also von höheren Mächten abhängig. Kennzeichnend ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Gefühl und Vernunft. Die Autoren haben in der Klassik auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. Goethe, Schiller, Wieland und Herder bildeten das „Viergestirn“ der Weimarer Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das 183 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „An den Schlaf“, „An die Freundschaft“ und „Apollo“. Zum Autor des Gedichtes „Das neue Lied“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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