An Frau von Frankenberg in Gotha von Johann Gottfried Herder

Ideen, wenn es nicht Phantome sind,
Sie schleichen sich, in etwas schwerer Tracht,
Zu Deiner Abendlampe. Mustre sie,
Du Weise, Liebliche, und wähle Dir,
Wenn ein' und andre sich das Glück verdient,
Zur stillen Freundin diese, jene zu
Rathgeberinnen, Trösterinnen, und
Wozu Du ihren treuen Dienst sonst magst;
Die andern sende mit Protest zurück,
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Wie oder laß sie Schwätzerinnen sein,
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Die Dir die Stunden kürzen. Wie es sei!
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Nur ihrem kühnen Autor bleibe hold
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Und lebe, edle Weise, lebe wohl!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An Frau von Frankenberg in Gotha“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
13
Anzahl Wörter
80
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das zu interpretierende Gedicht „An Frau von Frankenberg in Gotha“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, einer der einflussreichsten Dichter und Philosophen der deutschen Aufklärung und frühen Romantik. Er lebte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, und dieses Gedicht ist dementsprechend in diese Epoche einzuordnen.

Auf den ersten Blick ist diese Dichtung durch eine persönliche Ansprache an eine bestimmte Person geprägt - eine gewisse „Frau von Frankenberg in Gotha“. Der Ton ist ernst und nachdenklich, könnte aber auch als beratend und liebevoll interpretiert werden.

Inhaltlich richtet sich das lyrische Ich mit einer Art Anleitung oder Rat an die genannte Dame. Die „Ideen“, die nicht „Phantome“ sein sollen, schleichen sich zu ihr und sie soll diese mustern und auswählen. Die Ideen, denen das 'lyrische Ich' eine Rolle als Freundin, Ratgeberin oder Trösterin zugewiesen hat, sollen beibehalten werden. Die andern Ideen hingegen sollen mit „Protest“ zurückgeschickt oder ignoriert werden. Gleichzeitig betont der Autor die Wichtigkeit dieser „Ideen“ zur Verkürzung der Stunden. Er schließt mit der Bitte, dem „kühnen Autor“ gewogen zu bleiben und wünscht ihr gut.

Was die Form betrifft, ist dieses Gedicht eine einzige Strophe mit 13 Versen und ohne ein festes Reimschema. Dies kann als eine Art freie Form interpretiert werden, die es dem Autor ermöglicht, seine Gedanken und Ratschläge auf natürliche und ungezwungene Weise zu artikulieren.

Die Sprache, die Herder verwendet, ist formal, aber zugänglich. Er verwendet Metaphern („Ideen“, die sich „schleichen“), personifiziert die Ideen und teilt ihnen verschiedene Funktionen und Rollen zu. Dies kann als eine Art symbolischer Ausdruck interpretiert werden, durch den Herder die Betrachtung und Auswahl von Ideen als einen aktiven und zugleich selektiven Prozess darstellt.

Insgesamt scheint es, dass Herder durch dieses Gedicht eine komplexe und tiefe Botschaft über die Wertschätzung und Prüfung von Ideen und den kritischen Umgang damit vermittelt. Er illustriert, dass nicht alle Ideen gleich sind, einiges verdient Beachtung, manches aber nicht, und es ist wichtig, diesen Unterschied zu erkennen. Darüber hinaus verdeutlicht er die wichtige Rolle des Autors, dessen kühne und fortschrittliche Ideen zu würdigen sind.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An Frau von Frankenberg in Gotha“ des Autors Johann Gottfried Herder. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1760 und 1803. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Literaturepochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung. Die Vertreter waren meistens junge Autoren, zumeist nicht älter als 30 Jahre. Die Schriftsteller versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Zwei sich deutlich unterscheidende Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt: die Aufklärung und eine gefühlsbetonte Strömung, die durch den Sturm und Drang vertreten wurde. Die Weimarer Klassik ist eine Verschmelzung dieser beiden Elemente. Die Weimarer Klassik nahm ihren Anfang mit Goethes Italienreise im Jahr 1786 und endete mit Goethes Tod im Jahr 1832. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Die Weimarer Klassik geht von der Erziehbarkeit des Individuums zum Guten aus. Ihr Bestreben ist die Humanität, die wahre Menschlichkeit (das Schöne, Gute, Wahre). Die Autoren der Weimarer Klassik gingen davon aus, dass Gott den Menschen Gefühle und Vernunft gibt und die Menschen damit dem Leben einen Sinn geben. Das Individuum ist also von höheren Mächten bestimmt. In der Weimarer Klassik wird eine geordnete, einheitliche Sprache verwendet. Kurze, allgemeingültige Aussagen sind häufig in Werken der Weimarer Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, legte man großen Wert auf formale Ordnung und Stabilität. Metrische Ausnahmen befinden sich immer wieder an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die wichtigen Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Weitere Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Die beiden zuletzt genannten arbeiteten jeweils für sich. Einen produktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Goethe und Schiller.

Das vorliegende Gedicht umfasst 80 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 13 Versen. Die Gedichte „Das Glück“, „Das Kind der Sorge“ und „Das Orakel“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Zum Autor des Gedichtes „An Frau von Frankenberg in Gotha“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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