An Uz von Johann Gottfried Herder

Laß meinen schlichten Vers Dir sagen, was
Ein langes Jahr die träge Prose Dir
Nicht sagen mochte, väterlicher Greis,
Wie sehr mein ganzes Herz, als ich Dich sah,
An Deinem Anblick hing, an Deiner Brust,
Auf Deiner zarten Lippe ruhte, wie
Dein sanftes Feuerauge zu mir sprach,
Als hätt' ich lange, lange Dich gekannt,
Als sprächest Du aus Deiner Seele mir
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Die Worte meiner Seele. Wenn der Himmel
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Den treuen Wunsch erhört - und ach, es hört
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Der uns Durchdringende, Allgütige,
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Er höret ihn gewiß und liebt und schenkt
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Mehr, als wir wünschen - o, so müsse Dir
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Der Abend Deiner Tage lieblich sein
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Und still-erquickend wie die schönste Abendröthe,
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Bei der ein Engel je mit Frommen von
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Der ew'gen Ruhe süßen Kränzen sprach.
 
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Lies dieses Buch, und wenn Dich hie und da
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Ein Wink, ein Ahnen, ein Gedanke labt,
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So freu' ich mich, unsichtbar bei Dir weilend,
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Als über meinen Lohn und küsse Dich
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Als Sohn und Bruder. Lebe, lebe wohl!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „An Uz“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
23
Anzahl Wörter
162
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Johann Gottfried Herder, geboren am 25. August 1744 und gestorben am 18. Dezember 1803. Herder war einer der einflussreichsten Denker der Aufklärung und zählt zu den bedeutendsten Dichtern der deutschen Literatur. Dieses Gedicht, betitelt „An Uz“, kann in die Zeit der Sturm und Drang Epoche eingeordnet werden, die von etwa 1765 bis 1785 andauerte.

Auf den ersten Blick fällt die poetische und emotionale Sprache Herders auf, die typisch für den Sturm und Drang ist. Das lyrische Ich spricht in direkter Ansprache zu einer Person namens „Uz“, für die es offensichtlich tiefe Zuneigung und Bewunderung empfindet.

Inhaltlich lässt das Gedicht vermuten, dass das lyrische Ich eine starke emotionale Bindung zu „Uz“ hat. Es wird von einer leidenschaftlichen Begegnung berichtet, bei der das „Ich“ von „Uz“ völlig gefesselt war und lange Zeit von dieser Begegnung zehrt. Das lyrische Ich wünscht „Uz“ darüber hinaus einen angenehmen Lebensabend, der mit der „schönsten Abendröthe“ verglichen wird.

Diese tiefe Emotion findet sich auch in der Sprache des Gedichts wieder, die reich an Bildern und Metaphern ist. Herder verwendet eine hohe, gehobene Sprache, um die Gefühle des lyrischen Ichs zu kommunizieren und die Wichtigkeit der geschilderten Begegnung zu betonen.

Betrachtet man die Form des Gedichts, so fällt auf, dass es aus einer einleitenden, 18-zeiligen Strophe und einer abschließenden 5-zeiligen Strophe besteht. Die lange erste Strophe beschreibt in einer sehr emotionalen und bildhaften Sprache die Begegnung des lyrischen Ichs mit „Uz“. Die kürzere zweite Strophe schließt das Gedicht mit einem friedlichen und liebevollen Abschied ab, der das lyrische Ich zufrieden und erfüllt zurücklässt.

Insgesamt drückt das Gedicht tiefe Empfindungen aus, die das lyrische Ich in einer sprachlich reichen und emotionalen Form darstellt. Es zeugt von der tiefen Bewunderung für „Uz“ und von der starken emotionalen Bindung, die das lyrische Ich zu ihm hat.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An Uz“ des Autors Johann Gottfried Herder. Im Jahr 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1760 und 1803. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von etwa 1765 bis 1790 und wird häufig auch Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Der Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. Die Literaturepoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest der Epoche des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Die Autoren des Sturm und Drang waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, häufig unter 30 Jahre alt. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit dem Hinwenden Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Die Literaturepoche der Weimarer Klassik dauerte von 1786 bis 1832 an. Zentrale Vertreter dieser Literaturepoche waren Goethe und Schiller. Die zeitliche Abgrenzung orientiert sich dabei an dem Schaffen Goethes. So wird dessen erste Italienreise im Jahr 1786 als Beginn der deutschen Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod im Jahr 1832 ihr Ende nahm. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. Statt auf Konfrontation und Widerspruch wie noch in der Aufklärung oder im Sturm und Drang strebte die Klassik nach Harmonie. Die wichtigsten Werte sind Menschlichkeit und Toleranz. Die Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ziel der Literaturepoche der Klassik war es die ästhetische Erziehung des Menschen zu einer „charakterschönen“ Persönlichkeit voranzutreiben. Charakteristisch ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal der Literaturepoche des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Vernunft und Gefühl. Die Vertreter der Epoche haben in der Klassik auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Die bekanntesten Schriftsteller der Klassik sind Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Weitere bekannte Schriftsteller der Klassik sind Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Die beiden zuletzt genannten arbeiteten aber jeweils für sich. Einen produktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Schiller und Goethe.

Das Gedicht besteht aus 23 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 162 Worte. Die Gedichte „Apollo“, „Bilder und Träume“ und „Das Flüchtigste“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Uz“ weitere 413 Gedichte vor.

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