Zwei Gattungen des Epigramms von Johann Gottfried Herder

Dir ist das Epigramm die kleine geschäftige Biene,
Die auf Blumen umher flieget und sauset und sticht;
Mir ist das Epigramm die kleine knospende Rose,
Die aus Dornengebüsch Nektarerfrischungen haucht.
Laß uns Beide sie denn in einem Garten versammeln:
Hier sind Blumen, o Freund; sende die Bienen dazu!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Zwei Gattungen des Epigramms“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
6
Anzahl Wörter
48
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Dieses kurze Gedicht stammt von Johann Gottfried Herder, einem deutschen Dichter, Theologen, Historiker und Philosophen, der während der Epoche der Aufklärung von 1744 bis 1803 lebte. Das Gedicht, „Zwei Gattungen des Epigramms“, kann chronologisch in die Phase des Sturm und Drangs der deutschen Literatur eingeordnet werden, die von etwa 1767 bis 1785 dauerte.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht wie ein lyrischer Dialog zwischen zwei Personen, wo sie durch detaillierte Metaphern ihre unterschiedlichen Wahrnehmungen vom Epigramm, einer speziellen Gedichtsform, teilen.

Im Kern handelt das Gedicht von zwei verschiedenen Ansichten über das Epigramm. Eine Person betrachtet das Epigramm als eine „kleine geschäftige Biene“, die unruhig auf Blumen umherfliegt und sticht, d.h. sie sieht das Epigramm als etwas beschäftigt, aktives und potenziell provokatives. Das lyrische Ich hingegen sieht das Epigramm als eine „kleine knospende Rose“, die aus einem Dornengebüsch „Nektarerfrischungen haucht“ - also als etwas Schönes, Zartes und Erfrischendes, das aus einem rauen Kontext hervorgeht. Zum Schluss fordert das lyrische Ich die andere Person dazu auf, beide Sichtweisen zu vereinen und die „Bienen“ zu den „Blumen“ - also die provokative Aktivität zum Schönen - zu senden.

Sprachlich präsentiert Herder seine Ideen in einer klaren, bildhaften und metaphorreichen Sprache, die für die Dichtung des Sturm und Drangs typisch ist. Die beiden Bilder der Biene und der Rose dienen als lebendige, kontrastierende Metaphern für das Epigramm und werden durch häufige Verwendung von natürlichen Elementen noch verstärkt.

Das Gedicht besteht aus einem einzigen Sechszeiler (Sextett), der formal dem Muster eines gereimten Gedichts (AABCCB) folgt. Dieses Muster trägt zu einer klaren Struktur und einer harmonischen Wirkung bei. Die Sprache ist in einfachem Duktus gehalten, was das Gedicht leicht verständlich und eingängig macht, während die Metaphern und Bilder eine tiefere und vielschichtige Bedeutung verleihen.

Insgesamt wirft dieses Gedicht interessante Fragen zur Natur und Wirkung der Poesie auf und lädt den Leser dazu ein, über die Dualität und Vielschichtigkeit der literarischen Formen zu reflektieren. Die unterschiedlichen Ansichten der Figuren bieten zudem Einblicke in die verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten von Literatur und betonen die Rolle des Lesers bei der Gestaltung des Bedeutungskontexts.

Weitere Informationen

Johann Gottfried Herder ist der Autor des Gedichtes „Zwei Gattungen des Epigramms“. Geboren wurde Herder im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen). Zwischen den Jahren 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von etwa 1765 bis 1790 und wird häufig auch zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Die Epoche des Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. Der Literaturepoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Bei den Schriftstellern handelte es sich meist um Autoren jüngeren Alters. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. Die Schriftsteller versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Mit der Hinwendung Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Einer der populärsten Schriftsteller der deutschen Klassik ist Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar). Seine Italienreise im Jahr 1786 wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Johann Wolfgang von Goethe prägte die Klassik ganz wesentlich. Sein Tod im Jahr 1832 ist gleichzeitig das Ende dieser Epoche. Das Zentrum der Literatur der Weimarer Klassik lag in Weimar. Häufig wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Humanität, Güte, Gerechtigkeit, Toleranz, Gewaltlosigkeit und Harmonie sind die bedeutenden Themen. Die Weimarer Klassik orientiert sich am antiken Kunstideal. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Weimarer Klassik typisch. Während man im Sturm und Drang die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Weimarer Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die wichtigsten Schriftsteller der Klassik sind: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried von Herder.

Das 48 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 6 Versen mit nur einer Strophe. Der Dichter Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „An Auroren“, „An den Schlaf“ und „An die Freundschaft“. Zum Autor des Gedichtes „Zwei Gattungen des Epigramms“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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