Leben von Johann Gottfried Herder

Nur ein Leben leben wir aus in manchen Gestalten;
Unser Schauspiel, es ruft Scene nach Scenen hervor.
Und doch binden so selten in uns sich Alter und Scenen;
Neulinge sind wir als Kind, Neulinge gehn wir ins Grab.
Auch die uns hören und sehn, Neulinge gehn sie vorüber;
Also spiele Dein Spiel, nicht für die Menge, für Dich!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Leben“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
6
Anzahl Wörter
58
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Leben“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, einem deutschen Dichter und Philosophen des 18. Jahrhunderts. Herder war eine Schlüsselfigur der Weimarer Klassik und der Aufklärung, daher kann man das Gedicht zeitlich in dieses Zeitalter einordnen.

Beim ersten Lesen des Gedichts ergibt sich ein Eindruck von tiefer Introspektion und kontemplativer Betrachtung des menschlichen Lebens, das in diesem Fall mit einem Schauspiel oder Theaterstück verglichen wird.

Im Kern handelt Herders Gedicht von der menschlichen Existenz und dem individuellen Leben. Jede Strophe kann als symbolische Darstellung verschiedener Phasen des Lebens gedeutet werden. Dabei reflektiert das lyrische Ich über die Einzigartigkeit und Vergänglichkeit des menschlichen Lebens. In Anlehnung an die Theatermetapher wird hervorgehoben, dass das Leben aus vielen Szenen und Rollen besteht und somit in ständiger Veränderung ist. Obwohl wir im Laufe unseres Lebens verschiedene Rollen einnehmen, bleibt unsere Erfahrung letztlich begrenzt – wir verlassen die Welt genauso unerfahren („Neulinge“), wie wir auf sie gekommen sind. Herders Fazit ist eine Ermutigung zur Authentizität und Selbstachtung: Wir sollten unser Leben nicht für das Publikum, sondern für uns selbst leben.

In Bezug auf Form und Sprache fällt auf, dass Herder sich eines einfachen, aber tiefgründigen und symbolischen Vokabulars bedient. Die Szenen- und Theatermethapher verleiht dem Gedicht eine dramatische und zugleich reflektierende Note. Formell gesehen besteht das Gedicht aus einer einzigen Strophe mit sechs Versen, was seine komprimierte und konzentrierte Botschaft unterstreicht.

Insgesamt zeigt Herders Gedicht eine tiefe Einsicht in die menschliche Existenz und regt die LeserInnen dazu an, ihr eigenes Leben aus einer erhabenen und introspektiven Perspektive zu betrachten. Es geht um die Akzeptanz der Begrenztheit des menschlichen Lebens und der individuellen Erfahrung sowie um die Wertschätzung des eigenen, einzigartigen Lebenswegs.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Leben“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Herder wurde im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Zwischen den Jahren 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Bei Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Die Epoche des Sturm und Drang ist eine Strömung in der deutschen Literaturgeschichte, die häufig auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet wird. Die Epoche ordnet sich nach der Literaturepoche der Empfindsamkeit und vor der Klassik ein. Sie lässt sich auf die Zeit zwischen 1765 und 1790 eingrenzen. Die wesentlichen Merkmale des Sturm und Drang lassen sich als ein Rebellieren oder Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung zusammenfassen. Das literarische und philosophische Leben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Literatur sollten dadurch maßgeblich beeinflusst werden. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig Schriftsteller im jungen Alter, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit der Hinwendung Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Die Weimarer Klassik war geprägt durch die Französische Revolution mit ihren Forderungen nach Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit. Der Kampf um eine Verfassung, die revolutionäre Diktatur unter Robespierre und der darauffolgende Bonapartismus führten zu den Grundstrukturen des 19. Jahrhundert (Nationalismus, Liberalismus und Imperialismus). Die Weimarer Klassik lässt sich zeitlich mit Goethes Italienreise im Jahr 1786 und mit Goethes Tod 1832 eingrenzen. Das Zentrum der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Die Klassik orientiert sich an traditionellen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. Kennzeichnend ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Vernunft und Gefühl. Die Vertreter der Epoche haben in der Klassik auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller.

Das Gedicht besteht aus 6 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 58 Worte. Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Apollo“, „Bilder und Träume“ und „Das Flüchtigste“. Zum Autor des Gedichtes „Leben“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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