Die fortwährende Täuschung von Johann Gottfried Herder

Immer heißet es Strom und trägt von der Quelle zum Ausfluß
Einen Namen, obgleich nie er der nämliche ist.
Wellen folgen auf Wellen, und jede begräbet die andre;
Täuschende Menschheit, Du bist der benamete Strom.
Eins nur bleibet Dir treu, des Herzens innere Würde,
Dein Element und Quell, Wellen und Ocean einst.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.7 KB)

Details zum Gedicht „Die fortwährende Täuschung“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
6
Anzahl Wörter
52
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die fortwährende Täuschung“ ist von Johann Gottfried Herder, einem deutschen Dichter und Philosophen, der von 1744 bis 1803 lebte. Das Gedicht kann in die Epoche der Aufklärung eingeteilt werden, in der Herder als zentrale was.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht metaphorisch mit der Natur, speziell mit dem Bild eines Stromes und dessen Fluss, spielt. Es weckt in uns einen Eindruck von Kontinuität und Wandel.

Das lyrische Ich beginnt damit, die unaufhörliche Bewegung eines Flusses zu beschreiben, der, obwohl er ständig seinen Inhalt ändert und nie derselbe bleibt, doch denselben Namen behält. Diese Metapher erweitert das lyrische Ich auf die Menschheit: Auch sie fließt, ändert sich, begräbt ihre Vergangenheit unter neuen Strömen von Handlungen und Erfahrungen, bleibt aber in ihrer Bezeichnung stets die vorherige Menschheit. Doch trotz all dieses Wechsels, laut Herder, bleibt der Menschheit etwas beständig – ihre innere Würde, ihre Identität, ihr eigentliches Sein.

Die Struktur des Gedichts besteht aus einer Strophe mit sechs Versen. Die Sprache ist klar und ausdrucksstark, indem sie das fortlaufende Bild eines Flusses verwendet, um die konstante Veränderung und doch Kontinuität des Lebens und der menschlichen Existenz zu darzustellen. Die Verwendung von spezifischen Begriffen wie „Herzens innere Würde“ lassen auf die Überzeugung des Autors schließen, dass trotz aller Veränderungen in der Außenwelt, einige Dinge in uns unveränderlich und ewig sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Herders Gedicht „Die fortwährende Täuschung“ eine tiefe Reflexion über die Natur der Menschheit und ihre beständige Identität trotz der ständigen Veränderungen im Leben ist. Es spricht eine philosophische Wahrheit aus, die sowohl zeitlos als auch sehr passend für die Zeit der Aufklärung ist, in der es geschrieben wurde.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die fortwährende Täuschung“ ist Johann Gottfried Herder. Geboren wurde Herder im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen). Zwischen den Jahren 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Als Sturm und Drang (auch Genieperiode oder Geniezeit) bezeichnet man eine Literaturepoche, die auf die Jahre 1765 bis 1790 datiert werden kann. Sie knüpfte an die Empfindsamkeit an und ging später in die Klassik über. Die wesentlichen Merkmale des Sturm und Drang lassen sich als ein Auflehnen oder Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung zusammenfassen. Das philosophische und literarische Leben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Literatur sollten dadurch maßgeblich beeinflusst werden. Die Vertreter waren meistens junge Autoren, zumeist nicht älter als 30 Jahre. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit dem Hinwenden Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Die Weimarer Klassik war beeinflusst worden durch die Französische Revolution mit ihren Forderungen nach Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit. Der Kampf um eine Verfassung, die revolutionäre Diktatur unter Robespierre und der darauffolgende Bonapartismus führten zu den Grundstrukturen des 19. Jahrhundert (Nationalismus, Liberalismus und Imperialismus). Die Weimarer Klassik lässt sich zeitlich mit der Italienreise Goethes im Jahr 1786 und mit dem Tod Goethes 1832 eingrenzen. Das Zentrum der Literatur der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Die Klassik geht von einer Erziehbarkeit des Menschen zum Guten aus. Ihr Ziel ist die Humanität, die wahre Menschlichkeit (das Schöne, Gute, Wahre). Die Dichter der Klassik gingen davon aus, dass Gott den Menschen Gefühle und Vernunft gibt und die Menschen damit dem Leben einen Sinn geben. Das Individuum ist also von höheren Mächten abhängig. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Klassik typisch. Während man im Sturm und Drang die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Klassik auf eine reglementierte Sprache. Goethe, Schiller, Herder und Wieland können als die Hauptvertreter der Weimarer Klassik genannt werden. Aber nur Goethe und Schiller motivierten und inspirierten einander durch eine enge Zusammenarbeit und wechselseitige Kritik.

Das 52 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 6 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „Apollo“, „Bilder und Träume“ und „Das Flüchtigste“. Zum Autor des Gedichtes „Die fortwährende Täuschung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Johann Gottfried Herder

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Johann Gottfried Herder und seinem Gedicht „Die fortwährende Täuschung“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Johann Gottfried Herder (Infos zum Autor)

Zum Autor Johann Gottfried Herder sind auf abi-pur.de 413 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.