Die unbekannte Blume von Johann Gottfried Herder

»Unansehnliches Blümchen, wer bist Du?« »Du kennest mich also
Nicht? und so hast Du mich denn auch nimmer vermißt?
Patientia heiß' ich; zwar schämet der fröhliche Kranz von
Myrten sich meiner, doch blüh' ich zur Erquickung ihm nah.
Kränze Dich heut mit mir! Dem Herzen nahe, verwandeln
Sich die Blumen und sind, was Du sie wünschest zu sein.«
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die unbekannte Blume“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
6
Anzahl Wörter
58
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die unbekannte Blume“ ist vom deutschen Dichter Johann Gottfried Herder, der Transition von der Aufklärung hin zu der Romantik zugeordnet wird und im 18. Jahrhundert lebte.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht wie ein kurzes, einfach verfasstes Gespräch zwischen der lyrischen Instanz und einer unbekannten Blume. Die sich daraus entwickelnde Symbolik trägt eine tiefe, philosophische Botschaft.

Die lyrische Stimme, das „Ich“ im Gedicht, stellt eine Frage an die unscheinbare Blume, die sich später als 'Patientia' vorstellt. Dieses lateinische Wort bedeutet 'Geduld' und weist schon auf das Thema des Gedichts hin. Die Blume erwidert dem lyrischen Ich, dass, obwohl sie von den anderen blühenden Myrthen nicht beachtet wird, ihre Existenz gleichwohl wichtig und erfrischend für sie ist. Sie rät dem lyrischen Ich, sich mit ihrer Art zu schmücken und zu lernen, dass die Wahrnehmung von Schönheit subjektiv ist und je nach Wunsch verändert werden kann.

Die Aussage des lyrischen Ichs könnte sein, dass uns die, auf den ersten Blick, hässlichen Dinge im Leben eine Bereicherung sein können, wenn wir das Positive in ihnen sehen. Es betont die Wichtigkeit der Geduld und der Getrostheit und darauf, die Dinge zu schätzen, wie sie sind.

Das Gedicht ist in sechs Alexandrinern geschrieben, einer klassischen Versform, die aus zwölf Silben besteht. Die Sprache, die Herder verwendet, ist klar und einfach, aber zugleich wirksam. Sie enthält Interpunktion, die das Gespräch strukturiert und emotionale Hinweise gibt. Auch der Gebrauch des Lateinischen lässt das Gedicht formaler wirken und unterstreicht die symbolische Bedeutung der Blume 'Patientia'. Daher ist das Gedicht ein typisches Beispiel für Herders Poesie, die oft tiefgründige Themen mit einer klaren und unaufdringlichen Sprache ausdrückt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die unbekannte Blume“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Im Jahr 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von etwa 1765 bis 1790 und wird häufig auch Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Der Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. Der Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Die Vertreter waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, meistens nicht älter als 30 Jahre. Um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Vorschein zu bringen, wurde besonders darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Die Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Goethe, Schiller und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Zwei sich deutlich unterscheidende Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt: die Aufklärung und eine gefühlsbetonte Strömung, die durch den Sturm und Drang vertreten wurde. Die Weimarer Klassik ist eine Verschmelzung dieser beiden Elemente. Die Weimarer Klassik nahm ihren Anfang mit Goethes Italienreise im Jahr 1786 und endete mit Goethes Tod im Jahr 1832. Literarisches Zentrum und Ausgangspunkt der Weimarer Klassik (kurz auch oftmals einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Die Klassik geht von der Erziehbarkeit des Individuums zum Guten aus. Ihr Ziel ist die Humanität, die wahre Menschlichkeit (das Schöne, Gute, Wahre). Die Vertreter der Klassik gingen davon aus, dass Gott den Menschen Gefühle und Vernunft gibt und die Menschen damit dem Leben einen Sinn geben. Der Mensch ist also von höheren Mächten bestimmt. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Weimarer Klassik charakteristisch. Während man im Sturm und Drang die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Weimarer Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die populärsten Schriftsteller der Klassik sind: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.

Das vorliegende Gedicht umfasst 58 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 6 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Gottfried Herder sind „Das Gesetz der Welten im Menschen“, „Das Glück“ und „Das Kind der Sorge“. Zum Autor des Gedichtes „Die unbekannte Blume“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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