Der sinnende Geist von Johann Gottfried Herder

Großes und Kleines, Kleines und Groß, und Ruh und Bewegung,
Träg' und Schnelles - o wie martern die Worte den Geist!
Im unendlichen All ist Alles Ruh und Bewegung;
Maaß und Zahl und Gewicht schwinden im ewigen Raum.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Der sinnende Geist“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
4
Anzahl Wörter
38
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der sinnende Geist“ stammt von Johann Gottfried Herder, einem der berühmtesten Dichter der deutschen Aufklärung, der von 1744 bis 1803 lebte. Daher kann dieses Gedicht thematisch und zeitlich in der Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drang eingeordnet werden.

Beim ersten Lesen erweckt das Gedicht den Eindruck, dass es die Überforderung und Erschöpfung des lyrischen Ichs durch permanente Gedanken und Reflexionen darstellt. Worte und Konzepte scheinen das lyrische Ich zu martern und ihm eine Ruhepause zu verweigern.

Kern des Gedichts ist der Konflikt des lyrischen Ichs mit Konzepten wie Größe und Kleinheit, Ruhe und Bewegung, Trägheit und Schnelligkeit. Es zeigt das Ringen des Denkenden mit der Unfassbarkeit der Welt und dem Universum und der Unzulänglichkeit menschlicher Sprache, diese konkreten Realitäten zu umschreiben. Das lyrische Ich fordert einen neuen Zugang zur Realität jenseits von standardisierten Kategorien und Wörtern.

Die Form des Gedichts ist geprägt von kurzen, prägnanten Versen, die den Inhalt auf den Punkt bringen. Die Sprache ist klar und deutlich, richtet sich aber gegen die konventionellen Ausdrucksformen. Es fällt auf, dass Herder das lyrische Ich die Begrenztheit der menschlichen Sprache beklagen lässt - den „Martern“ durch Worte. Das verdeutlicht die Aufklärungsphilosophie Herders, die den Menschen als Erkenntniswesen sieht, dessen Verstand und Sprachvermögen jedoch begrenzt sind. Die Wahl solcher Begriffe wie „Maaß“, „Zahl“ und „Gewicht“ unterstreicht diese Begrenztheit, da sie menschliche Versuche darstellen, das Unendliche und Unbegreifliche mess- und begreifbar zu machen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der sinnende Geist“ ist Johann Gottfried Herder. Der Autor Johann Gottfried Herder wurde 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Im Zeitraum zwischen 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von etwa 1765 bis 1790 und wird häufig auch Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Der Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. Der Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich dabei gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Die Vertreter waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, meistens nicht älter als 30 Jahre. Die Autoren versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei zentralen Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt 1786 mit Goethes Italienreise und endet 1832 mit dem Tod Goethes. Es gibt aber auch Definitionen, die das gemeinsame Schaffen der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik zeitlich festlegen. Wie der Name bereits verrät, liegen der Ausgangspunkt und das literarische Zentrum der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Zum Teil wird auch Jena als ein weiteres Zentrum dieser Literaturepoche angesehen. Die Klassik orientiert sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Klassik typisch. Während man in der Epoche des Sturm und Drangs die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Klassik auf eine reglementierte Sprache. Goethe, Schiller, Wieland und Herder können als die Hauptvertreter der Klassik angesehen werden. Aber nur Goethe und Schiller motivierten und inspirierten einander durch intensive Zusammenarbeit und gegenseitige Kritik.

Das 38 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 4 Versen mit nur einer Strophe. Die Gedichte „Das Flüchtigste“, „Das Gesetz der Welten im Menschen“ und „Das Glück“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Zum Autor des Gedichtes „Der sinnende Geist“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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