Die zehnte Muse von Johann Gottfried Herder

Hohe Lehrerin, Noth, und treffliche Schülerin, Armuth,
Zehnte Muse der Welt, o Du erfandest so viel.
Nicht nur schärfetest Du den Witz der Pflegebefohlnen;
Noch eine schönere Kunst, Mäßigung, lehrtest Du sie.
Und die Mäßigung ward ihr Gewohnheit, Gewohnheit zur Freude;
Freude machte sie dann über den Reichesten reich.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die zehnte Muse“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
6
Anzahl Wörter
49
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht ist von Johann Gottfried Herder verfasst, einem der bedeutendsten Dichter und Denker der deutschen Aufklärung und frühen Weimarer Klassik. Das Gedicht stammt höchstwahrscheinlich aus der Zeitspanne zwischen 1764 und 1803.

Der erste Eindruck des Gedichts vermittelt eine tiefe Reflexion über den Zusammenhang von Leid, Armut und Kreativität. Außerdem scheint das Gedicht dazu aufzufordern, Mäßigkeit und Gelassenheit im Angesicht von Schwierigkeiten und Entbehrungen zu lernen.

Inhaltlich geht es im Gedicht um das Lob der „zehnten Muse“, die allegorisch als Lehrerin der Not und Schülerin der Armut auftritt. Die „zehnte Muse“ ist ein symbolischer Ausdruck für Kreativität und Erfindungsgabe, die sich oft in schwierigen oder ärmlichen Lebensumständen entfaltet. Herder stellt die „zehnte Muse“ also als eine Kraft dar, die trotz oder gerade wegen Not und Armut, den Witz und Kreativität der Menschen schärft und ihre Fähigkeit zur Mäßigung fördert.

Das lyrische Ich im Gedicht scheint die Ansicht zu vertreten, dass Not und Armut, obwohl sie primär als negative Zustände wahrgenommen werden, tatsächlich eine produktive und positive Kraft in sich bergen können. Diese ablehnenswerten Zustände können die Betroffenen dazu bringen, ihre eigenen Fähigkeiten und Talente zu entdecken und zu nutzen und gleichzeitig Mäßigkeit zu lernen.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts liegt hier ein sechzehn-versiges Gedicht in frei rhythmischen Verse vor. Die Ausdruckskraft des Gedichts wird durch den gezielten Einsatz von Alliterationen und Reimen verstärkt, die dazu beitragen, die Hauptthemen des Gedichts zu betonen. Außerdem wird die Wirkung des Gedichts durch den Einsatz von metaphorischen Sprachbildern verstärkt, insbesondere durch das Bild der zehnten Muse, das die Fähigkeit zur Kreativität und Erfindungsgabe in Zeiten der Not symbolisiert.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die zehnte Muse“ ist Johann Gottfried Herder. Der Autor Johann Gottfried Herder wurde 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Als Sturm und Drang (auch Genieperiode oder Geniezeit) bezeichnet man eine Epoche der Literatur, die auf die Jahre 1765 bis 1790 datiert werden kann. Sie knüpfte an die Empfindsamkeit an und ging später in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Jugend- und Protestbewegung gegen die aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung. Die Vertreter waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, meistens nicht älter als 30 Jahre. Die Schriftsteller versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Goethe und Schiller entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Einer der populärsten Autoren der deutschen Klassik ist Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar). Seine Italienreise 1786 wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Goethe prägte die Klassik ganz wesentlich. Sein Tod im Jahr 1832 kennzeichnet gleichzeitig das Ende dieser Epoche. Die Weimarer Klassik wird häufig nur als Klassik bezeichnet. Beide Bezeichnungen werden in der Literatur genutzt. Der Begriff Humanität ist von zentraler Bedeutung für die Zeit der Weimarer Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Selbstbestimmung, Harmonie, Toleranz, Menschlichkeit und die Schönheit. In der Gestaltung wurde das Wesentliche, Gültige, Gesetzmäßige aber auch die Harmonie und der Ausgleich gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache oftmals derb und roh ist, bleibt die Sprache in der Weimarer Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Die populärsten Autoren der Klassik sind: Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.

Das Gedicht besteht aus 6 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 49 Worte. Die Gedichte „Das Glück“, „Das Kind der Sorge“ und „Das Orakel“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die zehnte Muse“ weitere 413 Gedichte vor.

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