Die Liebe im Todtenreiche von Johann Gottfried Herder
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Ueber den Grüften seh' ich so oft verschlungene Hände; |
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Amor und Psyche knüpft schweigend ein ewiger Kuß. |
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Wohnet Lieb' in der Gruft? und birgt die Asche der Todten, |
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Wenn sie die Urne vereint, Funken vom ewigen Strahl? |
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»Wanderer, lies! Nur eine Fackel erleuchtet den Orcus; |
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Mächtige Lieb' allein fand ein Elysium sich. |
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Drücke sterbend die Hand mit Deiner Geliebten zusammen! |
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Alles trennet der Tod, Liebende ziehet er nach.« |
Details zum Gedicht „Die Liebe im Todtenreiche“
Johann Gottfried Herder
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68
1744 - 1803
Sturm & Drang,
Klassik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, der von 1744 bis 1803 lebte. Er ist einer der bedeutendsten Denker der deutschen Aufklärung und des Sturm und Drang. Daher kann dieses Gedicht zeitlich in diese Epoche eingeordnet werden.
Der erste Eindruck des Gedichts ist ernst und melancholisch. Die Themen Liebe und Tod werden im Titel angekündigt und prägen das gesamte Gedicht. Der Hauptfokus liegt auf der Darstellung der grenzenlosen und ewigen Natur der Liebe.
Inhaltlich handelt das Gedicht von der Kraft der Liebe, die den Tod überdauern kann. Das lyrische Ich beobachtet die Gräber und stellt Fragen, ob die Liebe in der Gruft existiert und ob die Asche der Toten einen Funken des ewigen Lichts enthält. Die Antwort kommt in Form eines Lesers, nach dem es nur eine Fackel gibt, die den Hades erhellt, und das ist die mächtige Liebe. Die Schlussfolgerung des Gedichts ist, dass trotz der Trennung durch den Tod, Liebende von ihm nachgezogen werden.
Formal besteht das Gedicht aus einer Strophe mit acht Versen. Diese Form gibt dem Gedicht eine geschlossene und konzentrierte Struktur. Die Sprache des Gedichts ist klar und verdichtet. Sie ist von ausdrucksstarken Bildern geprägt, die die Unsterblichkeit der Liebe symbolisieren. Es gibt allerdings auch mythologische Anspielungen wie „Amor und Psyche“, „Orkus“ und „Elysium“, welche den Kontext der antiken Mythologie in den Text einbringen.
Insgesamt drückt das Gedicht die Auffassung aus, dass die Liebe stärker als der Tod ist und ihn sogar überdauern kann. Diese Idee wird durch kraftvolle und poetische Sprachbilder vermittelt und ist typisch für die Epoche des Sturm und Drang, in der starke Gefühle und Leidenschaften betont wurden.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Die Liebe im Todtenreiche“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Herder wurde im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.
Als Sturm und Drang (auch Genieperiode oder Geniezeit) bezeichnet man eine Literaturepoche, die auf die Jahre 1765 bis 1790 datiert werden kann. Sie knüpfte an die Empfindsamkeit an und ging später in die Klassik über. Die wesentlichen Merkmale des Sturm und Drang lassen sich als ein Auflehnen oder Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung zusammenfassen. Das philosophische und literarische Leben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Literatur sollten dadurch maßgeblich beeinflusst werden. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig junge Autoren im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Die Autoren versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.
Zeitlich lässt sich die Weimarer Klassik mit Goethes Italienreise im Jahr 1786 und mit Goethes Tod 1832 eingrenzen. Zwei gegensätzliche Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt. Die Aufklärung und die gefühlsbetonte Strömung Sturm und Drang. Die Weimarer Klassik ist eine Synthese dieser beiden Elemente. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. Humanität, Güte, Gerechtigkeit, Toleranz, Gewaltlosigkeit und Harmonie sind die essenziellen Themen. Die Weimarer Klassik orientiert sich am antiken Kunstideal. Charakteristisch ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal der Literaturepoche des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Gefühl und Vernunft. Die Autoren haben in der Klassik auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Die berühmtesten Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Weitere Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden letztgenannten arbeiteten jeweils für sich. Einen konstruktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller.
Das vorliegende Gedicht umfasst 68 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 8 Versen. Die Gedichte „Apollo“, „Bilder und Träume“ und „Das Flüchtigste“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Liebe im Todtenreiche“ weitere 413 Gedichte vor.
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Zum Autor Johann Gottfried Herder sind auf abi-pur.de 413 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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