Huld und Liebe von Johann Gottfried Herder

Als die Mutter der Liebe den schönen Amor geboren,
Sprach zu den Grazien sie: »Ziehet den Knaben mir auf
Ernst und sanft! Auch lehret ihn bald die ambrosischen Künste,
Wohlzugefallen! sie sind allen Unsterblichen werth.«
Gerne verrichteten sie ihr Amt - o Wunder! und lernten
Jede vom Amor mehr, als sie den Knaben gelehrt.
Seitdem stehen sie, Lieb' und Huld, auf einem Altare:
Huld macht Liebe; sich selbst nennet die Liebe nur Huld.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Huld und Liebe“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
8
Anzahl Wörter
73
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Huld und Liebe“ stammt von Johann Gottfried Herder, einem der bedeutendsten Vertreter der deutschen Aufklärung, der von 1744 bis 1803 lebte.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass das Gedicht mit dem mythologischen Thema der Geburt des Liebesgottes Amor aufwartet. Dies verdeutlicht Herders tiefes Interesse an Altertum und Mythologie, was typisch für die aufklärerische Epoche ist.

Inhaltlich handelt das Gedicht von der Geburt Amors, der von den Grazien erzogen und ausgebildet wird. Diese handeln auf den Wunsch der 'Mutter der Liebe' hin und lehren Amor alle schönen Künste und das Wohlgefallen, was allen Unsterblichen wert ist. Interessanterweise lernen die Grazien selbst von Amor mehr, als sie ihm beibringen. Somit deutet Herder auf die Gegenseitigkeit und den wechselseitigen Einfluss in Sachen Liebe und Huld hin, was in der finalen Aussage gipfelt: Huld macht Liebe und Liebe bezeichnet sich selbst als Huld.

Die Aussage, die das lyrische Ich treffen möchte, ist in diesem Kontext auf die untrennbare Verbindung von Liebe und Großzügigkeit (Huld) konzentriert. Herder hebt die Wichtigkeit von Güte und Großzügigkeit, die Liebe hervorbringen und auch durch Liebe nähren, hervor und schafft dadurch eine Wertschätzung dieser Werte.

Formell besteht das Gedicht aus einer achtzeiligen Strophe. Die Sprache ist gehoben und durchdrungen von antiken Bezugspunkten („Mutter der Liebe“, „Grazien“, „ambrosischen Künste“). Ebenfalls typisch für die Epoche der Aufklärung ist die Verwendung von Aufzählungen und das Bildungsideal, das in der Erziehung Amors durch die Grazien zum Ausdruck kommt. Insgesamt zeichnet Herder in „Huld und Liebe“ ein Bild der aufklärerischen Idee von Humanität, wonach Liebe und Großzügigkeit gleichermaßen notwendig sind, um den Idealmenschen zu formen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Huld und Liebe“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Im Jahr 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Im Zeitraum zwischen 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Die Epoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich dabei gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als freudlos und eng galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Autoren handelte es sich meist um junge Schriftsteller. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit der Hinwendung Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar) ist einer der bekanntesten Dichter der Weimarer Klassik. 1786 unternahm Goethe eine Italienreise, diese wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Das Ende der Epoche ist im Jahr 1832 auszumachen. Ausgangspunkt und literarisches Zentrum der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Zu den wichtigsten Motiven der Klassik gehören unter anderem Toleranz und Menschlichkeit. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Klassik kennzeichnend. Während man in der Epoche des Sturm und Drangs die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die bedeutendsten Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Andere Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden zuletzt genannten arbeiteten aber jeweils für sich. Einen produktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Schiller und Goethe.

Das Gedicht besteht aus 8 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 73 Worte. Die Gedichte „Das Flüchtigste“, „Das Gesetz der Welten im Menschen“ und „Das Glück“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Zum Autor des Gedichtes „Huld und Liebe“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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