An den Schnee von Johann Gottfried Herder

Weißer, stockiger Schnee, o Du des alten Saturnus
Graue Locke, die jetzt unsre Gefilde bestreut!
Oder bist Du Gefieder der Mutterhenne, die wärmend
Auch im tödtenden Frost decket die schlafende Brut?
Himmlische Blumen, o deckt mit Euerm wintrigen Frühling,
Deckt mit wärmendem Frost auch mein entschlummertes Herz!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.5 KB)

Details zum Gedicht „An den Schnee“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
6
Anzahl Wörter
47
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Johann Gottfried Herder, geboren am 25. August 1744 und verstorben am 18. Dezember 1803. Herder zählt zu den bedeutendsten Denkern der Aufklärung.

Das Gedicht hinterlässt beim ersten Lesen einen eher melancholischen Eindruck und ist geprägt von einer naturverbundenen, fast schon romantischen Darstellung des Winters. Es weckt das Bild einer winterlichen Landschaft, bedeckt von Schnee, der trotz seiner Kälte Wärme spenden kann.

Im Inhalt des Gedichts vergleicht das lyrische Ich den Schnee mit verschiedenen Bildern. In den ersten beiden Versen ist der Schnee die graue Locke des Saturn, womit eine Assoziation zur Alter und Weisheit hergestellt wird. In den nächsten zwei Versen wird der Schnee metaphorisch zur Mutterhenne, die trotz der Kälte ihre Brut wärmt. In den letzten beiden Versen des Gedichts wird der Schnee mit himmlischen Blumen und einem winterlichen Frühling verglichen. All diese Bilder zeigen, dass trotz der lebensfeindlichen Kälte des Winters, immer auch etwas Positives, Schutzgebendes und Leben spendendes in ihm steckt. Das lyrische Ich wünscht sich, dass diese positive Energie des Schnees auch sein eigenes „entschlummertes“ Herz wärmt.

Formal besteht das Gedicht aus einer einzigen sechszeiligen Strophe, was eine überschaubare und prägnante Gedichtform ist. Die Sprache des Gedichts ist stark bildhaft und verwendet kunstvolle Metaphern. Die poetische Darstellung des Schnees zeigt die tiefe Verbindung des lyrischen Ichs zur Natur. Die Altertümlichkeit einiger Wörter (tödtender Frost, Gefieder, Gefilde) sowie religiöse Anklänge (himmlische Blumen, Saturn als Gott der römischen Mythologie) geben dem Gedicht einen feierlichen, fast schon sakralen Charakter. Daraus kann man schließen, dass das Gedicht einerseits die erhabene Schönheit der Natur, andererseits auch das tiefe menschliche Bedürfnis nach Wärme und Schutz in einer feindlichen Umgebung thematisiert.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An den Schnee“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Herder wurde im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Zwischen den Jahren 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. Der Literaturepoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Die Autoren der Epoche des Sturm und Drangs waren häufig unter 30 Jahre alt. Die Autoren versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Zwei sich deutlich unterscheidende Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt: die Aufklärung und eine gefühlsbetonte Strömung, die durch den Sturm und Drang vertreten wurde. Die Weimarer Klassik ist im Grund genommen eine Verschmelzung dieser beiden Elemente. Die Weimarer Klassik nahm ihren Anfang mit Goethes Italienreise im Jahr 1786 und endete mit Goethes Tod im Jahr 1832. Wie der Name bereits verrät, liegen das literarische Zentrum und der Ausgangspunkt der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Zum Teil wird auch Jena als ein weiteres Zentrum dieser Literaturepoche angesehen. Der Begriff Humanität ist prägend für die Zeit der Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Selbstbestimmung, Harmonie, Toleranz, Menschlichkeit und die Schönheit. In der Gestaltung wurde das Gesetzmäßige, Wesentliche, Gültige aber auch die Harmonie und der Ausgleich gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache häufig derb und roh ist, bleibt die Sprache in der Weimarer Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Schiller, Goethe, Wieland und Herder können als die Hauptvertreter der Klassik genannt werden. Aber nur Goethe und Schiller motivierten und inspirierten einander durch enge Zusammenarbeit und wechselseitige Kritik.

Das Gedicht besteht aus 6 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 47 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Gottfried Herder sind „An den Schlaf“, „An die Freundschaft“ und „Apollo“. Zum Autor des Gedichtes „An den Schnee“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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