Die gepriesene Freiheit von Johann Gottfried Herder

Hört, Ihr Mächtigen, hört! Der Feder größeste Freiheit
Herrschet anjetzt; es schreibt jede, was jeder gefällt.
Loben und tadeln dürfen wir laut ohn' alle Besorgniß;
Was Pasquino gedenkt, spricht er und findet Gehör.
Eins nur wagen wir nicht: reinaus zu sagen die Wahrheit;
Weihrauch liebet man wol, aber kein würziges Salz.
Hört, Ihr Mächtigen, hört! Die hochgepriesene Freiheit
Unsrer Feder, sie ist knechtischer, schmeichelnder Dienst.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Die gepriesene Freiheit“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
8
Anzahl Wörter
65
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die gepriesene Freiheit“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, einem deutschen Dichter der Aufklärung und Frühromantik. Herder wurde 1744 geboren und starb 1803 - dies ermöglicht eine grobe zeitliche Einordnung in die Spätaufklärung und frühe Romantik.

Der erste Eindruck des Gedichts deutet auf eine Kritik an der aktuellen Gesellschaft an, insbesondere an den Mächtigen, an die sich das lyrische Ich direkt richtet. Die Thematik der Freiheit, und speziell der Freiheit der Presse oder Meinungsäußerung, wird thematisiert.

Das lyrische Ich positioniert sich als jemand, der die angepriesene Freiheit trotz Einschränkungen auslebt. Es darf Lob und Kritik laut äußern, ohne dabei um seine Sicherheit zu fürchten. Allerdings wird diese Freiheit begrenzt, denn die absolute Wahrheit darf nicht ausgesprochen werden. Dies könnte eine Anspielung auf die Zensur der Amtsträger oder die Angst vor den Konsequenzen des offenen Ausdrucks kritischer Gedanken sein. Die metaphorische Aussage „Weihrauch liebet man wol, aber kein würziges Salz“ deutet darauf hin, dass Schmeicheleien willkommen sind, während kritische, „würzige“ Kommentare nicht geduldet werden.

Die Struktur und die Sprache des Gedichts sind, insbesondere durch den Einsatz von direkten Anreden und Ausrufen, äußerst dramatisch und eindrucksvoll. Die gereimte Form verdichtet die Aussagen und lässt das Gedicht eingängig und lautstark erscheinen.

Das lyrische Ich beendet das Gedicht mit einer scharfen Kritik: Trotz der wahrgenommenen Freiheit ist die Feder - und damit die schriftliche Äußerung der Meinung - in Wahrheit ein Dienst, der den Mächtigen schmeichelt und huldigt. Darin legt das lyrische Ich die Heuchelei und Doppelmoral der Gesellschaft offen, die Freiheit und Offenheit predigt, aber Kritik und Wahrheit unterdrückt.

Insgesamt ist das Gedicht eine kritische Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Realität der damaligen Zeit, die von Herder durch seinen spezifischen Sprachgebrauch und seine reiche Metaphorik eindrucksvoll vermittelt wird.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die gepriesene Freiheit“ des Autors Johann Gottfried Herder. Geboren wurde Herder im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen). Zwischen den Jahren 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von 1765 bis 1790 und wird häufig auch zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Der Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. Der Sturm und Drang war die Phase der Rebellion junger deutscher Autoren, die sich gegen das gesellschaftliche System und die Prinzipien der Aufklärung wendeten. Die Vertreter waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, meistens nicht älter als 30 Jahre. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Schriftstellern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit dem Hinwenden Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der Literatur, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Die Italienreise Goethes im Jahr 1786 markiert den Beginn der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Epoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Die Weimarer Klassik wird häufig nur als Klassik bezeichnet. Beide Bezeichnungen werden in der Literatur genutzt. Der Begriff Humanität ist von zentraler Bedeutung für die Zeit der Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Harmonie, Selbstbestimmung, Toleranz, Menschlichkeit und die Schönheit. Kennzeichnend ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Gefühl und Vernunft. Die Dichter haben in der Weimarer Klassik auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Goethe, Schiller, Wieland und Herder können als die Hauptvertreter der Klassik bezeichnet werden. Aber nur Goethe und Schiller inspirierten und motivierten einander durch eine enge Zusammenarbeit und gegenseitige Kritik.

Das 65 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 8 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „An die Freundschaft“, „Apollo“ und „Bilder und Träume“. Zum Autor des Gedichtes „Die gepriesene Freiheit“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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