An Hamann von Johann Gottfried Herder

Fliegt, Ihr Blätter der Blumen, entfliegt zu jenen Gestaden,
Wo ich im Jugendtraum sprossen Euch Nichtige fand;
Nichtige, blühet Ihr noch, so kränzt die Schläfe des Freundes,
Die im Leben ja auch Distel und Rose gekränzt!
Schwatzt ihm Jugendgespräche; Ihr Paramythien, tändelt
Meine Echo zu ihm und den ersterbenden Schwan!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An Hamann“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
6
Anzahl Wörter
50
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An Hamann“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, einem der maßgeblichen Denker der Weimarer Klassik und der Aufklärung, der von 1744 bis 1803 lebte. Das Gedicht ist daher ins späte 18. oder frühe 19. Jahrhundert einzuordnen.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht ein melancholischer Rückblick auf die Jugend und die darin vertieften Gespräche zu sein, da Begriffe wie „Blätter der Blumen“, „Jugendtraum“ und „Jugendgespräche“ darin vorkommen.

Der Inhalt des Gedichts scheint eine Aufforderung an Blumen zu sein, zu einem Ort zu fliegen, an dem das lyrische Ich sie in seiner Jugend entdeckt hat. Diese Blumen, die das lyrische Ich als 'nichtig' beschreibt, also als wenig bedeutend oder irrelevant, sollen den Freund (Hamann) schmücken. Sie sollen ihm von der Jugend und dem ersterbenden Schwan erzählen - letzteres könnte ein Symbol für das Ende oder den Tod sein.

Die Aussage des lyrischen Ichs kann als eine Reflektion über die Vergänglichkeit der Jugend und der Zwiespältigkeit des Lebens interpretiert werden. Aus der Perspektive des lyrischen Ichs waren die Blumen, die in der Jugend wenig Wert hatten ('nichtig'), mit zunehmendem Alter von größerer Bedeutung, was durch den Akt des Schmückens symbolisiert wird. Auch dass das Leben sowohl Distel (Schmerz, Schwierigkeit) als auch Rose (Freude, Schönheit) umfasst, wird durch das Gedicht vermittelt.

Die Sprache des Gedichts ist geprägt von poetischer, bildhafter Ausdrucksweise, wie es für Lyrik typisch ist. Die Form ist eine sechzehn-zeilige Strophe, was nicht klassischen Gedichtformen entspricht und somit zeigt, dass Herder experimentierte und so zum Wegbereiter für die freien Rhythmen und Formen in der romantischen Dichtung wurde. Besonders bemerkenswert ist das durchgehende Endreim-Muster, das dem Gedicht einen melodiösen und rhythmischen Fluss verleiht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Herders „An Hamann“ eine melancholische Reflektion über die Vergänglichkeit der Jugend und die Doppelgesichtigkeit des Lebens ist, ausgedrückt in bildhafter Sprache und einer ungewöhnlichen Gedichtform.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An Hamann“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Geboren wurde Herder im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen). In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Die Vertreter waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, meistens nicht älter als 30 Jahre. Die Schriftsteller versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die alten Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei zentralen Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt im Jahr 1786 mit Goethes Italienreise und endet im Jahr 1832 mit Goethes Tod. Es gibt aber auch Definitionen, die das gemeinsame Schaffen der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik zeitlich festlegen. Die Weimarer Klassik wird häufig nur als Klassik bezeichnet. Beide Bezeichnungen werden in der Literatur genutzt. Humanität, Güte, Gerechtigkeit, Toleranz, Gewaltlosigkeit und Harmonie sind die wichtigsten Themen. Die Weimarer Klassik orientiert sich am antiken Kunstideal. In der Weimarer Klassik wird eine sehr geordnete, einheitliche Sprache verwendet. Allgemeingültige, kurze Aussagen (Sentenzen) sind häufig in Werken der Weimarer Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, setzte man großen Wert auf formale Ordnung und Stabilität. Metrische Ausnahmen befinden sich häufig an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller.

Das Gedicht besteht aus 6 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 50 Worte. Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Apollo“, „Bilder und Träume“ und „Das Flüchtigste“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Hamann“ weitere 413 Gedichte vor.

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