Schlaf und Tod von Johann Gottfried Herder

Schlaf und Tod.
Ein Abendsegen
 
März 1767.
 
Komm, o Du des Todes Bild,
Sanfter Schlaf, und breite
Dein Gefieder über mich!
Süßen Schlummers Beute
Ist doch das ganze Leben!
Ist Traumwerk eitler Phantasie,
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Die - ach, bald auch welket sie!
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Sinkt mattem Schlummer zu!
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In sanfter Ohnmacht Ruh
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Schwimmen, schwinden hin der Seele Bilder!
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Wie dämmernder Quell,
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Alle Lebenswogen!
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Wird's mir, wird es auch so sein
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Im Todesschlummer?
 
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Wie von später, ferner Zeit
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Kommen dunkle Träume
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Matt zurück! In neue Welt
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Schatten Jugendbäume
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Die stille Seel' hinüber!
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Ist's immer nicht dieselbe Welt,
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Die dem Schlummertraum gefällt?
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Wird's ewig auch so sein?
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Wirst, erster Jugend Pein,
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Pein und Wonne, Du mir wiederkommen?
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Zwar matter und spät,
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Spät und doch dieselbe?
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Schöpfer! ahnet mir ein Traum
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Selbst Ewigkeiten?
 
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Sanfter Schlaf, der Dich erfand,
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Birgt auch diese Sorgen!
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Grauer Schleier hüllet sie.
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Und am schönen Morgen
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Ist selbst der Schlafgedanke
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Wie Traum! schon Traum mein Schlafgebet,
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Das - Du weißt es, was? - erfleht!
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Zu wiegen mich in Schlaf,
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Zu wähnen noch im Schlaf
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Theure, ferne Lebensfreunde. - Schirme,
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Beschirme sie, Gott!
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Schlaf und Lebenswachen
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Sendest Du der Menschenzeit,
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Ja, Alles Träume!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.8 KB)

Details zum Gedicht „Schlaf und Tod“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
45
Anzahl Wörter
188
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Schlaf und Tod“ stammt von Johann Gottfried Herder, einem deutschen Dichter, Theologen und Philosophen der Aufklärung, der von 1744 bis 1803 lebte. Das Gedicht wurde im März 1767, also im 18. Jahrhundert geschrieben.

Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einer ruhigen, nachdenklichen Atmosphäre. Der Autor reflektiert über Themen wie Schlaf, Tod, Ewigkeit und das Leben selbst.

Der Inhalt des Gedichts dreht sich um die Parallelität und Verbindung zwischen Schlaf und Tod. Das lyrische Ich bittet um einen sanften Schlaf und sieht das Leben selbst als „Süßen Schlummers Beute“. Es bringt zum Ausdruck, dass das Leben nur ein „Traumwerk eitler Phantasie“ ist und fragt, ob der Tod ähnlich ist. Es geht um die Frage der Existenz nach dem Tod und die Hoffnung auf ein wiederkehrendes, ewiges Leben. Das Gedicht endet mit der Erkenntnis, dass sowohl der Schlaf als auch das Leben wie Träume sind, die Gott der Menschheit sendet.

Eine Analyse der Form und Sprache des Gedichts zeigt, dass es sich um ein lyrisches Gedicht mit einer komplexen Struktur handelt. Es besteht aus fünf Strophen mit unterschiedlichen Zeilenmengen. Die Sprache ist geprägt von metaphorischen Bildern und einer romantisierten Auffassung von Schlaf und Tod. Es verwendet Wörter wie „Sanfter Schlaf“, „Süßen Schlummers Beute“, „Traumwerk eitler Phantasie“, die eine poetische und reflektierende Atmosphäre schaffen. Der Einsatz von Fragen zeigt die Selbstreflexion und die philosophische Natur des Gedichts. Die Wiederholung des Wortes „Schlaf“ unterstreicht die Thematik und erzeugt eine beruhigende, wiegende Rhythmik.

Zusammenfassend handelt es sich bei Herders „Schlaf und Tod“ um ein tiefgründiges, reflektierendes Gedicht, das die Verbindung zwischen Schlaf und Tod, Leben und Ewigkeit sowie Traum und Realität untersucht. Die poetische und nachdenkliche Sprache macht das Gedicht zu einem eindrucksvollen Werk der Aufklärungsliteratur.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Schlaf und Tod“ des Autors Johann Gottfried Herder. Herder wurde im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1760 bis 1803 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zu. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Literaturepochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Jugend- und Protestbewegung gegen die aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig Autoren im jungen Alter, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Mit seinen beiden bedeutenden Vertretern Schiller und Goethe entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Zeitlich lässt sich die Weimarer Klassik mit Goethes Italienreise 1786 und mit Goethes Tod im Jahr 1832 eingrenzen. Zwei gegensätzliche Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert beeinflusst. Die Aufklärung und die gefühlsbetonte Strömung Sturm und Drang. Die Weimarer Klassik ist eine Synthese dieser beiden Elemente. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. In Anlehnung an das antike Kunstideal wurde in der Weimarer Klassik nach Harmonie, Vollkommenheit, Humanität und der Übereinstimmung von Form und Inhalt gesucht. In der Lyrik haben die Dichter auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders beliebt. Außerdem verwendeten die Autoren jener Zeit eine gehobene, pathetische Sprache. Die wichtigen Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Weitere bekannte Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden zuletzt genannten arbeiteten jeweils für sich. Einen konstruktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller.

Das Gedicht besteht aus 45 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 188 Worte. Die Gedichte „Apollo“, „Bilder und Träume“ und „Das Flüchtigste“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Zum Autor des Gedichtes „Schlaf und Tod“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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