An mein Auge von Johann Gottfried Herder

Mattes Auge, Du trübst!
Fliehst vom Strahl ins Dunkle,
Birgst Dich, leidendes Auge,
Ins Dunkle!
 
Matter Dämmrer, woher
Trübst Du? bist verweinet,
Leidendes blaues Auge,
Wie Abendhimmel?
 
Matter Dämmrer, nicht!
10 
Weine nicht mehr! starre nicht hin
11 
Ins Dunkel,
12 
In Zukunft!
 
13 
Schließe Dich, sanftes Auge!
14 
Starr's nicht an!
15 
Schlummre! sanftere Träume
16 
Werden Dich umschweben!
 
17 
Schwebt aus Dunkel hervor,
18 
Sanftere Träum'! umschwebt sie!
19 
Aus dem Schooße der Mitternacht!
20 
Der Zukunft!
 
21 
Schwingt die Flügel! umschwebt
22 
Die holde, zarte,
23 
Trübe Seele
24 
Mit Morgenroth, mit schönerer Welt!
 
25 
Ich hör' ihr Schweben! sie kommen!
26 
Schließe Dich, sanftes Auge!
27 
Schlummre! sie kommen tröstend!
28 
Starr' sie nicht an, die Mitternacht!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „An mein Auge“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
102
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts „An mein Auge“ ist Johann Gottfried Herder, einer der bekanntesten deutschen Dichter und Philosophen, der das Zeitalter der Aufklärung und der Sturm-und-Drang-Bewegung geprägt hat. Er hat einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Romantik gehabt.

Der erste Eindruck, der durch das Gedicht vermittelt wird, ist der einer tiefen Introspektion und des Engagements mit der Körperlichkeit, spezifisch mit dem Auge. Das lyrische Ich spricht direkt zu seinem Auge und versucht, dessen Leiden und Dunkelheit zu ergründen und zu lindern.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um das lyrische Ich, das an sein eigenes körperliches Auge appelliert. Es befindet sich in einem Zustand der Müdigkeit und Leidens, und eher dazu neigt, sich in die Dunkelheit anstatt in das Licht zu wenden. Das Auge wird als „leidendes blaues Auge“ beschrieben, das Motiv des Weinen und ein Bezug zum Dämmern und Abendhimmel suggeriert Traurigkeit und Anspannung. Im weiteren Verlauf des Gedichts ermutigt das lyrische Ich das Auge, sich von seiner trüben Betrachtung der Dunkelheit abzuwenden und sich auf sanftere Träume und hoffnungsvollere Perspektiven zu konzentrieren.

Formal betrachtet ist das Gedicht in sieben Strophen unterteilt, die jeweils aus vier Versen bestehen. Die Sprache ist sehr bildlich und emotional, mit einer Vielzahl von Adjektiven und Metaphern, die die tiefen Gefühle und Empfindungen des lyrischen Ichs hervorheben. Worte wie „matt“, „trüb“, „leidend“, „Dämmrer“, „Abendhimmel“, „sanft“ und „Morgenroth“ tragen zur melancholischen und introspektiven Stimmung des Gedichts bei, leiten aber auch eine allmähliche Verlagerung von Dunkelheit und Leid zu Ruhe, Tröstung und Hoffnung ein.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass „An mein Auge“ ein intensives lyrisches Gedicht ist, das tiefe Emotionen und Selbstreflexion einfängt und auch eine Botschaft der Hoffnung und Transformation vermittelt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An mein Auge“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Der Autor Johann Gottfried Herder wurde 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1760 bis 1803 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird der Sturm und Drang auch als Genieperiode oder Geniezeit bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Protest- und Jugendbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um junge Autoren. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Goethe, Schiller und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Einer der populärsten Autoren der deutschen Klassik ist Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar). Seine Italienreise im Jahr 1786 wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Johann Wolfgang von Goethe prägte die Klassik ganz wesentlich. Sein Tod im Jahr 1832 kennzeichnet gleichzeitig das Ende dieser Epoche. Sowohl Klassik als auch Weimarer Klassik sind gebräuchliche Bezeichnungen für die Literaturepoche. Die Klassik orientiert sich an traditionellen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. In der Gestaltung wurde das Gesetzmäßige, Wesentliche, Gültige sowie der Ausgleich und die Harmonie gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache oftmals derb und roh ist, bleibt die Sprache in der Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Goethe, Schiller, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das 102 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Gottfried Herder sind „Das Flüchtigste“, „Das Gesetz der Welten im Menschen“ und „Das Glück“. Zum Autor des Gedichtes „An mein Auge“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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