Ich will Euch erzählen ein Märlein von Johann Gottfried Herder

Ich will Euch erzählen ein Märlein.
Ein Mütterlein
Hatt' eine Wunderhenne, treu
Und hold.
Sie legt' ihr täglich
Ein Ei
Von Gold.
Das Mütterlein freut des Dinges sich.
Nun ist es ihr gewöhnlich,
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Nun will sie täglich
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Schon zwei,
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Schon drei.
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Die Henne bleibt dabei
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Und legt ihr Ei.
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»So warte, Thier,
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Ich will Dich kriegen!
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Was muß denn ihr
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Im Hintern, mit Respect zu sagen, liegen?
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Ohn' allen Zweifel ein Schatz von Gold,
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Ein Keim zu Gold;
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Den will ich kriegen.«
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Sieh, zum Dank
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Für vielgehabte Müh
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Im goldnen Eierlegen
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Schlachtet sie sie
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Und findet nichts
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Und hat nun nichts
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Ihr Leben lang.
 
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erpressen!
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fressen
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geschicht's!
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schlachtet frisch!
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Tisch
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findet nichts!
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hat nichts.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Ich will Euch erzählen ein Märlein“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
35
Anzahl Wörter
114
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Ich will Euch erzählen ein Märlein“ stammt von dem deutschen Dichter und Philisophen Johann Gottfried Herder, der von 1744 bis 1803 lebte. Somit ist er dem Zeitalter der Aufklärung zuzuordnen.

Generell hinterlässt das Gedicht einen simplen, aber eindrucksvollen ersten Eindruck. Es fühlt sich an wie eine alte Fabel mit einer deutlichen moralischen Lektion.

Das Gedicht erzählt die Geschichte einer Frau, die eine Henne hat, die täglich ein goldenes Ei legt. Anfangs ist sie glücklich und zufrieden mit ihrem täglichen goldenen Ei, aber nach einer Weile wird sie gierig und will mehr. Sie glaubt, dass, wenn die Henne ein solches Ei legen kann, sie sicherlich einen Schatz aus Gold in sich haben muss, und so schlachtet sie die Henne in der Hoffnung, diesen Schatz zu erlangen, nur um festzustellen, dass nichts dergleichen existiert. Am Ende hat sie nichts, im Gegensatz zu dem goldenen Ei, das sie vorher täglich bekam.

Das lyrische Ich greift auf diese Geschichte zurück, um eine klare Botschaft zu vermitteln: Gier führt zu Verlust und Unzufriedenheit. Das Verlangen, mehr zu haben, kann uns dazu verleiten, den Wert dessen, was wir bereits besitzen, zu ignorieren, und dies kann dazu führen, dass wir letztendlich alles verlieren.

Die Form des Gedichts ist einfach und geradlinig. Es folgt keinem spezifischen Reim- oder Metrumsschema, was es einem Märchen ähnlich macht. Die Sprache ist ebenfalls einfach und unkompliziert, um die zugrunde liegende Botschaft hervorzuheben. Es gibt eine rhythmische Abfolge zwischen den Versen, die die Erzählung lebendig und fesselnd macht.

Zahlreiche Wiederholungen und Variationen werden verwendet, um die Progression der Narration und die zunehmende Gier der Mutter darzustellen. So wird die Handlung intensiviert und dramatischer.

Insgesamt ist Johann Gottfried Herders Gedicht „Ich will Euch erzählen ein Märlein“ eine klare Darstellung darüber, wie Gier zu allem Verlust führen kann, und erinnert uns daran, dankbar und zufrieden mit dem zu sein, was wir haben.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Ich will Euch erzählen ein Märlein“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Geboren wurde Herder im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen). Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1760 und 1803. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Die Epoche des Sturm und Drang ist eine Strömung in der deutschen Literaturgeschichte, die häufig auch als Genieperiode oder Geniezeit bezeichnet wird. Die Literaturepoche ordnet sich nach der Epoche der Empfindsamkeit und vor der Klassik ein. Sie lässt sich auf die Zeit zwischen 1765 und 1790 eingrenzen. Der Sturm und Drang war die Phase der Rebellion junger deutscher Autoren, die sich gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System wendeten. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig Schriftsteller im jungen Alter, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde insbesondere darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Goethe und Schiller entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der Literatur, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Goethes Italienreise im Jahr 1786 markiert den Beginn der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Literaturepoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Das Zentrum der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Toleranz, Menschlichkeit und Übereinstimmung von Natur und Mensch, von Gesellschaft und Individuum sind die Ideale der Klassik. Im Zentrum des klassischen Kunstkonzepts steht das Streben nach harmonischem Ausgleich der Gegensätze. In der Lyrik haben die Dichter auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders geschätzt. Darüber hinaus verwendeten die Dichter eine gehobene, pathetische Sprache. Schiller, Goethe, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Weimarer Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 114 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 35 Versen. Der Dichter Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „An den Schlaf“, „An die Freundschaft“ und „Apollo“. Zum Autor des Gedichtes „Ich will Euch erzählen ein Märlein“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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