Ein Bleicher hatt ein weites, großes Haus von Johann Gottfried Herder

Ein Bleicher hatt' ein weites, großes Haus.
»Was soll das leer denn stehn? Hier mach' ich Geld mir draus;
Mein Vetter Köhler soll hier wohnen.«
Der Vetter Köhler thät ihn lohnen.
Der Bleicher machte weiß; der Köhler macht's voll Graus
Mit seinem Kohlendampf; der Köhler mußt' hinaus.
 
Christus und Belial,
Was sollen sie in diesem großen Saal?
Freund, Deine Kohlendampfphilosophie
10 
Hier am Altar - o Freund, was soll sie hie?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Ein Bleicher hatt ein weites, großes Haus“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
10
Anzahl Wörter
70
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Johann Gottfried Herder, ein wichtiger Vertreter der Weimarer Klassik, ist der Autor dieses Gedichts. Herder wurde 1744 geboren und starb 1803, was das Gedicht zeitlich in das späte 18. Jahrhundert bis frühe 19. Jahrhundert einordnet.

Auf den ersten Blick erzählt das Gedicht die einfache Geschichte eines Bleichers, der sein Haus mit einem Köhler teilt, jedoch kommt es zu einem Problem: Der Köhler verdreckt das Haus mit Kohlendampf und muss deshalb hinaus. Dies hat eine Allegorie zur Folge, indem das lyrische Ich Christus und Belial (ein Dämon oder Teufel in der jüdisch-christlichen Überlieferung) ins Spiel bringt und kritisch fragt, ob sie unter dem gleichen Dach zusammenleben können. Mit „Kohlendampfphilosophie“ könnte eine destruktive oder verdunkelnde Denkweise gemeint sein, die im metaphorischen Altar des Bleichers, der Reinheit symbolisiert, fehl am Platz ist.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts ist vielleicht zunächst erwähnenswert, dass es aus zwei Strophen besteht, von denen die erste sechs und die zweite vier Verse hat. Herder verwendet einen recht schlichten, direkten Erzählstil mit einer bemerkenswert klaren Sprache. Dennoch bleiben die Metaphern, die er verwendet – der Kohlendampf, der Bleicher, der Köhler, Christus und Belial – offen für verschiedene Interpretationen. Es lässt sich annehmen, dass Herder damit auf gesellschaftliche oder philosophische Fragen seiner Zeit hinweist, möglicherweise auf die Spannungen zwischen verschiedenen Denkweisen oder Ideologien und deren Unvereinbarkeit.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Ein Bleicher hatt ein weites, großes Haus“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Der Autor Johann Gottfried Herder wurde 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang ist eine Strömung in der deutschen Literaturgeschichte, die häufig auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet wird. Die Epoche ordnet sich nach der Literaturepoche der Empfindsamkeit und vor der Klassik ein. Sie lässt sich auf die Zeit zwischen 1765 und 1790 eingrenzen. Der Epoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Die Autoren der Epoche des Sturm und Drangs waren häufig unter 30 Jahre alt. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Einer der bedeutendsten Vertreter der deutschen Klassik ist Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar). Seine Italienreise 1786 wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Goethe prägte die Klassik ganz wesentlich. Sein Tod im Jahr 1832 ist gleichzeitig das Ende dieser Epoche. Das Zentrum der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Die Klassik orientiert sich an traditionellen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. In der Gestaltung wurde das Gesetzmäßige, Wesentliche, Gültige aber auch die Harmonie und der Ausgleich gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache häufig roh und derb ist, bleibt die Sprache in der Weimarer Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Die Hauptvertreter der Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Goethe und Schiller.

Das Gedicht besteht aus 10 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 70 Worte. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „Bilder und Träume“, „Das Flüchtigste“ und „Das Gesetz der Welten im Menschen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Ein Bleicher hatt ein weites, großes Haus“ weitere 413 Gedichte vor.

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