Gejagter Hirsch, Du dünkst Dich frei von Johann Gottfried Herder

Gejagter Hirsch, Du dünkst Dich frei
Und fleuchst zu jener Höhle!
Weh Deiner armen Seele!
Da wohnt ein Leu.
 
Entflohn mit Grauen
Dem Kirchenbann,
Hast Du uns in den Klauen,
Weltgeist, Tyrann!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Gejagter Hirsch, Du dünkst Dich frei“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
8
Anzahl Wörter
32
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Gejagter Hirsch, Du dünkst Dich frei“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, der von 1744 bis 1803 gelebt hat. Er gehört zur Zeit der Aufklärung und der Weimarer Klassik, so dass eine zeitliche Einordnung im 18. und frühen 19. Jahrhundert sinnvoll ist.

Auf den ersten Blick zieht das Gedicht die Aufmerksamkeit auf die Darstellung eines gejagten Hirsches, der sich frei wähnt und in eine Höhle flieht, in der ein Löwe wohnt. Herder verwendet diese Metapher für das individuelle Streben nach Freiheit, das oft in neue Formen von Unterdrückung und Gefangenschaft münden kann.

Im ersten Teil des Gedichts geht es um einen Hirsch, der jagd und fliehen muss. Der Hirsch glaubt, Sicherheit in einer Höhle gefunden zu haben, doch dort lebt ein Löwe. Dies könnte als Warnung vor trügerischer Sicherheit oder einem falschen Gefühl der Freiheit interpretiert werden, da der Hirsch der Gefahr in der Höhe nur in die Arme eines anderen Raubtiers läuft.

Der zweite Teil des Gedichts scheint eine kritische Botschaft gegen Kirche und Weltgeist zu beinhalten, welche als „Tyrann“ und „Kirchenbann“ personifiziert sind. Das lyrische Ich könnte hier eine Abkehr von Religion und traditionellen Weltbildern thematisieren, wobei die geflüchtete Figur dennoch weiterhin in den „Klauen“ des „Weltgeist, Tyrann“ bleibt. Es könnte hier also die Botschaft vermittelt werden, dass es keine wirkliche Freiheit gibt, da immer eine Form von Autorität oder Unterdrückung existiert.

In Bezug auf die Form lässt sich anmerken, dass das Gedicht aus zwei Strophen zu je vier Versen besteht, wobei ein regelmäßiges Reimschema und rhythmische Struktur aufweisen. Die Sprache ist eher einfach und direkt gehalten, mit starken und eindringlichen Bildern. Der Stil der Verwendung von Metaphern im Gedicht spiegelt die Aufklärung wider, die sich durch Rationalität, Logik und einen kritischen Blick auf vorhandene Strukturen und Autoritäten auszeichnet.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Gejagter Hirsch, Du dünkst Dich frei“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Der Autor Johann Gottfried Herder wurde 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Im Zeitraum zwischen 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zu. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Die Epoche des Sturm und Drang war die Phase der Rebellion junger deutscher Autoren, die sich gegen das gesellschaftliche System und die Prinzipien der Aufklärung wendeten. Die Vertreter des Sturm und Drang waren häufig junge Autoren im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei bedeutenden Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt 1786 mit Goethes Italienreise und endet 1832 mit dem Tod Goethes. Es gibt aber auch zeitliche Eingrenzungen, die das gemeinsame Schaffen der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik zeitlich festlegen. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. Die Klassik orientiert sich an traditionellen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. In der Gestaltung wurde das Gesetzmäßige, Wesentliche, Gültige aber auch die Harmonie und der Ausgleich gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache oftmals derb und roh ist, bleibt die Sprache in der Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Schiller, Goethe, Wieland und Herder bildeten das „Viergestirn“ der Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 32 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 8 Versen. Die Gedichte „Das Gesetz der Welten im Menschen“, „Das Glück“ und „Das Kind der Sorge“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Zum Autor des Gedichtes „Gejagter Hirsch, Du dünkst Dich frei“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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