Die Sonne weicht, und alle Farben von Johann Gottfried Herder
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Die Sonne weicht, und alle Farben |
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Erlöschen unterm Schwamm der Nacht; |
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Was war den Lieben, daß sie starben, |
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Erblichen unter Todesmacht? |
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Ach, Kinder, die der Lichtstrahl macht |
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Der Lichtstrahl wich, und sie verdarben; |
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Und, Sonne, hab' ich nicht im Dunkeln doch |
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Zwei Augen noch? |
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So wenn mir Gottes Licht, die Wahrheit, wich, |
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Wo bin ich? was seh' ich? |
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Vernunft ist da; nur Welt und Farben |
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Erstarben. |
Details zum Gedicht „Die Sonne weicht, und alle Farben“
Johann Gottfried Herder
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66
1744 - 1803
Sturm & Drang,
Klassik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Die Sonne weicht, und alle Farben“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst. Herder war ein deutscher Dichter, Übersetzer, Theologe und Philosoph, der von 1744 bis 1803 lebte. Aufgrund dieser zeitlichen Periode kann man Herder zum Zeitalter der Aufklärung und Beginn der Weimarer Klassik zuordnen.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht auf eine melancholische, nachdenkliche Weise philosophisch. Es thematisiert den Verlust von Farben und Licht durch die abziehende Sonne, was metaphorisch auf den Prozess des Lebens und sterbens hindeuten könnte.
Inhaltlich spricht das lyrische Ich davon, wie mit dem Verschwinden der Sonne, symbolisch für Licht und Leben, Farben und Formen ersterben. Es stellt existenzielle Fragen nach dem Sinn des Lebens und des Sterbens und reflektiert über die Kraft und Grenzen des menschlichen Lebens. In Vergleich setzt es diese Gedanken in der zweiten Strophe in den Kontext von Wahrheit und Vernunft, als göttliches Licht, das weicht und die Welt nur noch in Schwarz und Weiß erscheint.
Das lyrische Ich möchte ausdrücklich eine tiefgreifende Reflexion über Leben, Tod und Glaube vermitteln. Es fordert dazu auf, über den Stellenwert der Vernunft und die Unzulänglichkeit menschlicher Wahrnehmung nachzudenken. Die letzte Zeile könnte auch als Hoffnungsausdruck des lyrischen Ichs gesehen werden, dass trotz all dieser Dunkelheit immer noch zwei Augen (geistige und physische Wahrnehmung) da sind.
Formal besteht das Gedicht aus zwei Strophen mit einer ungewöhnlichen Versstruktur von 8 und 4 Versen. Sprachlich verwendet Herder einfache, aber starke und bildhafte Sprache. Metaphern wie „Schwamm der Nacht“ und „Lichtstrahl“ wirken stark und verleihen dem Gedicht eine tiefe emotional-philosophische Ebene.
Zusammengefasst kann man sagen, dass das Gedicht „Die Sonne weicht, und alle Farben“ von Johann Gottfried Herder eine tiefgründige Auseinandersetzung mit Themen wie Leben, Tod, Wahrheit und Vernunft darstellt.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Die Sonne weicht, und alle Farben“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Im Jahr 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1760 und 1803. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.
Zwischen den Literaturepochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren zwischen 1765 und 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Der Literaturepoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Die Autoren des Sturm und Drang waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, häufig unter 30 Jahre alt. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Mit dem Hinwenden Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.
Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der Literatur, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Die Italienreise Goethes im Jahr 1786 markiert den Beginn der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Epoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Ausgangspunkt und literarisches Zentrum der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Die Autoren der Klassik wollten die antiken Stoffe aufleben lassen. Mit der antiken Kunst beschäftigte sich Goethe während seiner Italienreise. Die Antike gilt nun als Ideal, um Harmonie und Vollkommenheit zu erreichen. In der Klassik wird eine sehr einheitliche, geordnete Sprache verwendet. Kurze, allgemeingültige Aussagen sind oftmals in Werken der Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, setzte man großen Wert auf Stabilität und formale Ordnung. Metrische Ausnahmen befinden sich immer wieder an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Goethe, Schiller, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Weimarer Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.
Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 66 Worte. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „Das Kind der Sorge“, „Das Orakel“ und „Das Ross aus dem Berge“. Zum Autor des Gedichtes „Die Sonne weicht, und alle Farben“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.
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