Hymne an die Nacht von Novalis

Muß immer der Morgen wieder kommen?
Endet nie des Irdischen Gewalt?
Unselige Geschäftigkeit verzehrt
den himmlischen Anflug der Nacht?
Wird nie der Liebe geheimes Opfer
ewig brennen?
Zugemessen war
dem Lichte seine Zeit
und dem Wachen
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aber zeitlos ist der Nacht Herrschaft,
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ewig ist die Dauer des Schlafs.
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Heiliger Schlaf!
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Beglücke zu selten nicht
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der Nacht Geweihte
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in diesem irdischen Tagwerk.
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Nur die Toren verkennen dich
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und wissen von keinem Schlaf
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als den Schatten,
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den du mitleidig auf uns wirfst
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in jener Dämmrung
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der wahrhaften Nacht.
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Sie fühlen dich nicht
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in der goldnen Flut der Trauben,
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in des Mandelbaums
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Wunderöl
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und im braunen Safte des Mohns.
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Sie wissen nicht,
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daß du es bist;
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der des zarten Mädchens
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Busen umschwebt
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und zum Himmel den Schoß macht
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ahnden nicht,
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daß aus alten Geschichten
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du himmelöffnend entgegen trittst
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und den Schlüssel trägst
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zu den Wohnungen der Seligen,
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unendlicher Geheimnisse
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schweigender Bote.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Hymne an die Nacht“

Autor
Novalis
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
38
Anzahl Wörter
148
Entstehungsjahr
1772 - 1801
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Hymne an die Nacht“ wurde von Novalis, einem deutschen Dichter der Frühromantik, geschrieben. Novalis lebte in der Zeitspanne von 1772 bis 1801, das Gedicht ist also in die Zeitepoche der Deutschen Romantik um das Ende des 18. / Anfang des 19. Jahrhunderts einzuordnen.

Auf den ersten Blick fällt die hohe Wertschätzung der Nacht und des Schlafs auf, welche sich im gesamten Gedicht widerspiegelt. Der Morgen und das Tagwerk, repräsentiert durch das Licht, werden eher als störend und belastend dargestellt. Das Gedicht erweckt daher einen eher melancholischen Eindruck.

Im Inhalt des Gedichts stellt Novalis den ewigen Kampf zwischen Tag und Nacht dar. Dabei hebt er die Vorzüge und die Schönheit der Nacht hervor und kritisiert die von Arbeit geprägte Tageszeit. Er bezieht sich zudem auf die Vergänglichkeit des Irdischen im Vergleich zur Ewigkeit der Nacht und stellt den Schlaf symbolisch als etwas Heiliges dar, das einen Ausgleich zu der „unseligen Geschäftigkeit“ des Tages schafft.

Stilistisch und in Bezug auf die Form des Gedichts setzt Novalis sprachliche Mittel wie Metaphern und Symbole ein. Er personifiziert die Nacht als einen schweigenden Boten, der Schlüssel zu den Wohnungen der Seligen und unendlichen Geheimnissen trägt. Gleichzeitig bedient er sich einer eher kritischen und fragenden Sprache gegenüber der Tageszeit und deren Aktivitäten.

Die Sprache des Gedichts ist geprägt von bildhaften und sehr poetischen Formulierungen, was typisch für die Romantik ist. Weiters ist eine hohe Emotionalität im Blick auf die Nacht und den Schlaf erkennbar.

Insgesamt illustriert Novalis in „Hymne an die Nacht“ die Gedanken und Gefühle der Romantik gegenüber der Welt und dem Dasein. Er veranschaulicht die Romantische Sehnsucht nach dem Unendlichen, dem Mystischen, dem Absoluten – alles Charakteristika, die der Nacht zugewiesen werden – im Gegensatz zur Vergänglichkeit und Rationalität des Tages.

Weitere Informationen

Novalis ist der Autor des Gedichtes „Hymne an die Nacht“. Novalis wurde im Jahr 1772 geboren. Zwischen den Jahren 1788 und 1801 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Novalis ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Die Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Bedeutende Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist dabei völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 148 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 38 Versen. Weitere Werke des Dichters Novalis sind „Lied der Kreuzfahrer“, „Wenn ich ihn nur habe“ und „Fern im Osten wird es helle“. Zum Autor des Gedichtes „Hymne an die Nacht“ haben wir auf abi-pur.de weitere 14 Gedichte veröffentlicht.

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