Christus von Johann Gottfried Herder

Du aller Sterne Schöpfer, Licht,
Das aus des Himmels Tiefen bricht
Und gehst der Ewigkeiten Lauf
In ewig neuer Klarheit auf!
 
Dir danken wir, Dir beten wir
Und opfern hohe Hoffnung Dir;
Denn Du durchbrachst der Erde Nacht
Mit Deines Glanzes stiller Macht;
 
Besuchtest uns in unserm Thal
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Mit Deiner Gotterkenntniß Strahl,
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Aus welchem ewig Leben fleußt
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Und sich in stille Seelen geußt
 
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Und wird in ihnen Gottes Bild,
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Mit Weisheit, Lieb' und Kraft erfüllt,
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Und leitet sie durchs Todesthal
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Zu jener Sonne neuem Strahl.
 
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Bleib bei uns, Herr, verlaß uns nicht,
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Führ aus der Dämmrung uns zum Licht,
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Der Du am Abende der Welt
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Dich treulich bei uns eingestellt!
 
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Sei uns Mitwanderer im Thal
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Der Hoffnung zu des Berges Strahl,
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Der dort in Wolken vor uns ruht,
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Und auf ihm harret ewig Gut!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Christus“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
134
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Der Text ist ein Gedicht mit religiösem Inhalt und stammt von Johann Gottfried Herder, einem deutschen Dichter, Übersetzer, Theologen und Geschichts- und Kultur-Philosoph der Weimarer Klassik. Er lebte von 1744 bis 1803, daher lässt sich das Gedicht zeitlich in die Aufklärung und die beginnende Romantik einordnen.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass das Gedicht in Lobpreis und Anbetung des christlichen Gottes und Jesus Christus als seinem Sohn steht. Es verwendet Bildsprache und Metaphern, um die göttliche Wirklichkeit und Präsenz zu beschreiben.

Inhaltlich richtet sich das lyrische Ich an Gott bzw. Jesus Christus und beschreibt ihn als Schöpfer und ewiges Licht. Es drückt seine Dankbarkeit und Hochachtung aus und stellt Gott als die Quelle ewigen Lebens und Erkenntnis dar. Das lyrische Ich wendet sich an Gott mit dem Wunsch, bei den Menschen zu bleiben und ihnen den Weg zum Licht, zur Hoffnung und zu ewiger Güte zu zeigen. Im Zentrum steht die Hoffnung auf Erlösung und göttliche Führung.

Formal besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit jeweils vier Versen. Die Verse sind jambisch und haben eine klare Struktur, was dem Gedicht einen ruhigen Rhythmus gibt und den würdevollen, ehrfurchtsvollen Inhalt unterstreicht. Die Sprache von Herder ist gehoben und bildreich. Das Gebrauch von Metaphern, wie zum Beispiel „Du aller Sterne Schöpfer, Licht,“ oder „Dir danken wir, Dir beten wir“ sind typisch für die religiöse Poesie. Mit diesen kraftvollen Bildern und der Verbindung von Natur und Gottheit charakterisiert Herder Gottes Präsenz und Macht.

Insgesamt stärkt das Gedicht den Glauben und die Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit und Hilfe. Es repräsentiert die fromme Einstellung Herders und die Bedeutung der Religion in der Gesellschaft seiner Zeit.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Christus“ des Autors Johann Gottfried Herder. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1760 und 1803. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. Die Literaturepoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich dabei gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich darüber hinaus auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um junge Autoren. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die traditionellen Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Mit seinen beiden bedeutenden Vertretern Goethe und Schiller entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Die Literaturepoche der Klassik beginnt nach heutiger Auffassung mit der Italienreise Goethes, die er 1786 im Alter von 36 Jahren machte. Das Ende der Epoche wird auf 1832 datiert. In der Klassik wurde die Literatur durch Auswirkungen der Französischen Revolution, die ziemlich zu Beginn der Epoche stattfand, entscheidend geprägt. In der Französischen Revolution setzten sich die Menschen dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Wie der Name bereits verrät, liegen der Ausgangspunkt und das literarische Zentrum der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Teilweise wird auch Jena als ein weiteres Zentrum dieser Literaturepoche angesehen. Statt auf Widerspruch und Konfrontation wie noch in der Aufklärung oder im Sturm und Drang strebte die Klassik nach Harmonie. Die wichtigsten Werte sind Toleranz und Menschlichkeit. Die Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ziel der Literaturepoche der Klassik war es die ästhetische Erziehung des Menschen zu einer „charakterschönen“ Persönlichkeit zu forcieren. In der Lyrik haben die Dichter auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. Beispielsweise war so die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders geschätzt. Außerdem verwendeten die Autoren jener Zeit eine gehobene, pathetische Sprache. Die wichtigen Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Andere bekannte Schriftsteller der Weimarer Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden letztgenannten arbeiteten aber jeweils für sich. Einen produktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Goethe und Schiller.

Das 134 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Der Dichter Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Glück“, „Das Kind der Sorge“ und „Das Orakel“. Zum Autor des Gedichtes „Christus“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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