Weihnachtsgesang von Johann Gottfried Herder

Ewig aus des Vaters Herzen
Uns geborner Gottessohn!
Aller Schöpfung Licht und Leben,
Aller Sünder Gnadenthron!
Den Gefangnen ein Erretter
Und den Streitern ew'ger Lohn!
 
Kommst Du endlich auf die Erde,
Den so lang' der Väter Herz
Sah und freute sich, erhob sich
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Noch im Tode himmelwärts,
11 
Dich zu fassen, Dich zu ziehen
12 
Früher schon in unsern Schmerz?
 
13 
Kommst Du endlich? Und es schlummert
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Rings um Dich Dein Volk und Land!
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Nacht ist weit umher, und Hirten,
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Armen Hirten wird bekannt,
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Wer Du bist! Und hoch in Lüften
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Wird Dein himmlisch Reich genannt:
 
19 
»Ehre sei Gott in den Höhen,
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Fried' auf Erden! Aller Welt
21 
Heil und Wohlgefallen!« Segnend
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Ruhe rings des Himmels Zelt
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Auf den Völkern, und die Völker
24 
Preisen Gott und ihren Held!
 
25 
Also hör' ich Himmelschöre,
26 
Also seh' ich über Dir
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Jenen neuen Stern der Ehre;
28 
Er ruft Völkern, er ruft mir:
29 
»Höret's, Völker, hör es, Armer!
30 
Gottes Sohn bestrahl' ich hier!«
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Weihnachtsgesang“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
154
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Weihnachtsgesang“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, welcher von 1744 bis 1803 lebte. Damit lässt sich das Werk in die Epoche der Aufklärung einordnen.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht festlich, feierlich und erhaben. Es scheint um einen besonderen Anlass oder ein besonderes Ereignis zu gehen, welcher bzw. das einen tiefgreifenden Einfluss auf das lyrische Ich und möglicherweise sogar die gesamte Menschheit hat.

Das Gedicht handelt von der Geburt Jesu Christi, dem Sohn Gottes, welche zu Weihnachten gefeiert wird. Es feiert diesen Moment als eine Zeit der Befreiung und des Friedens. Das lyrische Ich spricht direkt zum neugeborenen Gottessohn und stellt ihn als Retter und Tröster dar. Es scheint erstaunt und entzückt über die Tatsache, dass dieser Gottessohn trotz seiner himmlischen Herkunft in eine dunkle und leidende Welt voller Sünden gekommen ist. Es berichtet auch davon, wie diese Botschaft zuerst einfachen Hirten verkündet wurde und wie letztendlich alle Völker Jesu Lob singen.

In Bezug auf die Form bestehen die fünf Strophen jeweils aus sechs Versen. Dabei ist keine feste Reimschema oder ein durchgängiges Metrik vorhanden. Im Bezug auf die Sprache verwendet Herder eine feierliche, teils archaische Sprache mit religiösem Jargon. Ferner bedient er sich bekannter Metaphern aus der Bibel und verleiht diesen mit seiner bildreichen und lebhaften Beschreibung einen frischen und ergreifenden Charakter.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es sich bei Herders „Weihnachtsgesang“ um ein tiefgründiges und besinnliches Gedicht handelt, das in feierlicher und ehrfurchtsvoller Sprache die Geburt Jesu Christi und dessen Auswirkungen auf die Welt schildert. Dabei setzt Herder das lyrische Ich als einen leidenschaftlichen Verkünder ein, der Gottes planvolle Heilsgeschichte würdigt und weitersagt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Weihnachtsgesang“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Im Jahr 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von etwa 1765 bis 1790 und wird häufig auch Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Der Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. Die Literaturepoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest der Epoche des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um junge Autoren. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden bedeutenden Vertretern Schiller und Goethe entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Zwei gegensätzliche Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt: die Aufklärung und eine gefühlsbetonte Strömung, die durch den Sturm und Drang vertreten wurde. Die Weimarer Klassik ist im Grund genommen eine Verschmelzung dieser beiden Elemente. Die Weimarer Klassik nahm ihren Anfang mit der Italienreise Goethes im Jahr 1786 und endete mit dem Tod von Johann Wolfgang von Goethe im Jahr 1832. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. Statt auf Konfrontation und Widerspruch wie noch in der Aufklärung oder im Sturm und Drang strebte die Klassik nach Harmonie. Die wichtigsten Werte sind Toleranz und Menschlichkeit. Die Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ziel der Klassik war es die ästhetische Erziehung des Menschen zu einer „charakterschönen“ Persönlichkeit zu forcieren. In der Klassik wird eine sehr geordnete, einheitliche Sprache verwendet. Kurze, allgemeingültige Aussagen (Sentenzen) sind oftmals in Werken der Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, setzte man großen Wert auf Stabilität und formale Ordnung. Metrische Ausnahmen befinden sich oftmals an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe.

Das 154 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Glück“, „Das Kind der Sorge“ und „Das Orakel“. Zum Autor des Gedichtes „Weihnachtsgesang“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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