Andenken von Joseph von Eichendorff

Wenn zwei geschieden sind von Herz und Munde,
da ziehn Gedanken über Berg und Schlüfte
wie Tauben säuselnd durch die blauen Lüfte,
und tragen hin und wieder süße Kunde.
 
Ich schweif umsonst, soweit der Erde Runde,
und stieg ich hoch auch über alle Klüfte,
Dein Haus ist höher noch als diese Lüfte,
da reicht kein Laut hin, noch zurück zum Grunde.
 
Ja, seit Du tot - mit seinen blühnden Borden
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mich ringsumher das Leben mir zurücke,
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ein weites Meer, wo keine Bahn zu finden.
 
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Doch ist Dein Bild zum Sterne mir geworden,
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der nach der Heimat weist mit stillem Blicke,
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daß fromm der Schiffer streite mit den Winden.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Andenken“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
108
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht ist „Andenken“ von Joseph von Eichendorff. Eichendorff, geboren am 10. März 1788 und gestorben am 26. November 1857, zählt zu den bekanntesten Vertretern der deutschen Romantik, was eine zeitliche Einordnung des Gedichtes in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ermöglicht.

In einem ersten Eindruck zeigt sich das Gedicht als tiefgründig und emotional. Es handelt von Verlust und Sehnsucht, von Distanz und Nähe und von den Trösten, die in Erinnerungen liegen.

Inhaltlich geht es um das „lyrische Ich“, das den Verlust einer nahestehenden Person betrauert. Dieser Verlust wird metaphorisch als räumliche Trennung dargestellt: Das lyrische Ich und die geliebte Person sind „von Herz und Munde“ geschieden, und kein Gedanke kann die entstandenen Klüfte überbrücken. Der Tod scheint diese Kluft ins Unendliche erweitert zu haben.

In seiner Trauer findet das lyrische Ich jedoch Trost in den Erinnerungen - den „süßen Kunde“ - die wie „Tauben“ durch die Gedanken ziehen. Und obwohl es die Realität der Vergänglichkeit akzeptiert hat - symbolisiert durch das hohe Haus, das noch über den Wolken liegt - bleibt das Bild des Verstorbenen als ein starker Bezugspunkt. Es ist zu einem Stern geworden, der das lyrische Ich in seiner Trauer leitet und Trost spendet.

Formal folgt das Gedicht keiner regelmäßigen Strophen- oder Versform, was die innere Zerrissenheit und Verwirrung des lyrischen Ichs widerspiegeln könnte. Sprachlich ist das Gedicht typisch für Eichendorffs romantischen Stil: Die Natur - Berge, Lüfte, Meer - spielt eine große Rolle als Spiegel der Gefühlswelt des lyrischen Ichs. Der Tod wird nicht direkt benannt, sondern durch Metaphern angedeutet - das hohe Haus, das Meer ohne Bahn. Dies verleiht dem Gedicht eine subtile, tiefgehende Emotionalität.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Andenken“. 1788 wurde Eichendorff geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik an. Ihre Auswirkungen waren in der Literatur, der Kunst aber auch der Musik und Philosophie spürbar. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Lyriker der Romantik in Auflösung begriffen. In der Literatur der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Missstände dieser Zeit bleiben unberücksichtigt und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist gerade die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Außerdem sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die Grundthemen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde manifestiert. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Zwar baut sie dabei auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 108 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „In Danzig“, „Kurze Fahrt“ und „Lied“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Andenken“ weitere 395 Gedichte vor.

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