Ein Abend von Ludwig Uhland

Als wäre nichts geschehen, wird es stille,
die Glocken hallen aus, die Lieder enden,
und leichter ward mir der Tränen Fülle,
seit sie versenket war von frommen Händen.
Als noch im Hause lag die bleiche Hülle,
da wußt ich nicht, wohin nach ihr mich wenden;
sie schien mir, heimatlos, mit Klaggebärde
zu schweben zwischen Himmel hin und Erde.
 
Die Abendsonne strahlt, ich saß im Kühlen
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und blickte tief ins lichte Grün der Matten;
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mir dünkte bald, zwei Kinder säh ich spielen,
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so blühend, wie einst wir geblühet hatten.
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Da sank die Sonne, graue Schleier fielen,
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die Bilder fliehn, die Erde liegt im Schatten.
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Ich blick empor, und hoch in Äthers Auen
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ist Abendrot und all mein Glück zu schauen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Ein Abend“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
119
Entstehungsjahr
1787 - 1862
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Ein Abend“ wurde von Ludwig Uhland geschrieben, einem deutschen Dichter und Literaturwissenschaftler, der von 1787 bis 1862 lebte. Es lässt sich in die Epoche der Romantik einordnen, die von ca. 1795 bis 1848 andauerte und durch eine intensive Auseinandersetzung mit Gefühlen und der Natur geprägt war.

Der erste Eindruck des Gedichtes ist melancholisch und nachdenklich, dominiert von einer Atmosphäre des Abschieds und Verlusts. Es werden Bilder des Abends und des endenden Tages eingewoben, die oft symbolisch für das Ende und die Vergänglichkeit stehen.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um das lyrische Ich, dass offensichtlich eine geliebte Person verloren hat. Im ersten Abschnitt erzählt das lyrische Ich davon, wie schwer es ihm fiel, den Tod dieser Person zu akzeptieren und dass er sich verloren fühlte. Der Tod der Person wurde demnach als Verlust der eigenen Heimat gesehen, was die tiefe Verbundenheit zwischen den beiden unterstreicht. Im zweiten Teil scheint dann eine gewisse Heilung oder zumindest Linderung des Schmerzes eingetreten zu sein. Das lyrische Ich sieht Kinder spielen und erinnert sich daran, wie es selbst früher spielte. Die Abendsonne und das Abendrot, symbolisch für das Ende aber auch die Schönheit des Vergänglichen, lässt es dann sein Glück wiederfinden oder erinnern.

Die Form des Gedichtes ist gekennzeichnet durch zwei Strophen mit jeweils acht Versen. Die Sprache ist recht einfach und klar, jedoch mit vielen bedeutungsvollen Bildern. Uhland bedient sich vieler Metaphern und Symbole, wie die „Tränen Fülle“, die „frommen Hände“, die „heimatlos, mit Klaggebärde schwebende“ Person, oder das „Abendrot und all mein Glück zu schauen“. Diese poetischen Bilder intensivieren den emotionale Ausdruck des Gedichts und lassen eine romantische, teils melancholische Stimmung entstehen, die typisch ist für die Epoche der Romantik, in der das Gedicht entstanden ist.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ein Abend“ des Autors Ludwig Uhland. 1787 wurde Uhland in Tübingen geboren. Im Zeitraum zwischen 1803 und 1862 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Uhland ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dauerte und sich insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik äußerte. Auch die Gebiete Geschichte, Theologie und Philosophie sowie Medizin und Naturwissenschaften waren von ihren Auswirkungen betroffen. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Schriftstellern der Romantik zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Die zentralen Motive der Romantik sind das Schaurige, Unterbewusste, Fantastische, Leidenschaftliche, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die romantischen Dichter sehnen sich nach der Einheit von Natur und Geist. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände des Mittelalters bleiben jedoch unerwähnt. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Gedichten und Texten. Phantasie ist für die Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Poesie und Wissenschaft, zwischen Traum und Wirklichkeit soll durchbrochen werden. Die Schriftsteller der Romantik streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 119 Worte. Ludwig Uhland ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Ulme zu Hirsau“, „Das alte, gute Recht“ und „Am 18. Oktober 1816“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Ein Abend“ weitere 57 Gedichte vor.

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