Der Einsame von Justinus Kerner

Wohl gehest Du an Liebeshand,
ein überselger Mann;
ich geh allein, doch mit mir geht,
was mich beglücken kann:
 
Es ist des Himmels heilig Blau,
der Auen Blumenpracht,
einsamer Nachtigallen Schlag
in alter Wälder Nacht.
 
Es ist der Wolke stiller Lauf,
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lebendger Wasser Zug,
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der grünen Saaten wogend Meer
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und leichter Vögel Flug.
 
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Du ruhst im zarten Frauenarm
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am Rosenmund voll Duft;
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einsam geh ich, im Mantel spielt
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die kühle Abendluft.
 
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Es kommt kein Wandrer mehr des Wegs,
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der Vogel ruht im Baum;
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ich schreite durch die düstre Nacht,
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in mir den hellsten Traum.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Der Einsame“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
94
Entstehungsjahr
1786 - 1862
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Einsame“ stammt von dem romantischen Dichter Justinus Kerner, der von 1786 bis 1862 lebte. Ein erster Eindruck des Gedichtes lässt eine tiefgründige emotionale Thematik um Themen wie Einsamkeit und Naturwahrnehmung vermuten.

Inhaltlich dreht sich das Gedicht um die Kontraste zwischen Gesellschaft und Einsamkeit, Liebe und Selbstgenügsamkeit. Das lyrische Ich steht in opposition zu einem „überseligen“ Mann, der an der „Liebeshand“ geht, also wahrscheinlich in einer glücklichen romantischen Beziehung steht. Diese Person wird stets im Gegensatz zum lyrischen Ich dargestellt, das alleine geht. Allerdings zeigt das lyrische Ich keine Trauer um seinen Zustand. Es betont stattdessen, wie es Glück in der Natur findet: im „heiligen Blau“ des Himmels, in der Pracht der Wiesenblumen, dem Gesang der Nachtigallen und den ruhigen Bewegungen der Wolken und Wasserläufe.

Während der andere Mann in „zarten Frauenarmen“ ruht und den Duft von Rosen genießt, wandert das lyrische Ich allein in der kühlen Abendluft. Doch trotz der scheinbar dunkleren und einsameren Umgebung ist es das Lyrische Ich, das den „hellsten Traum“ in sich trägt.

Das Gedicht hat eine klare, geregelte Form, jede der fünf Strophen besteht aus vier Versen. Die Sprache ist bildhaft und malerisch, mit einer deutlichen Präferenz für einfache, natürliche Bilder. Während der andere Mann von sinnlichen Freuden umgeben ist, findet das lyrische Ich Glück in der ruhigen Betrachtung der Natur.

In diesem Rahmen kann das Gedicht als eine Art Bekenntnis zur Romantik gesehen werden, die sich durch eine Rückwendung zur Natur und eine Betonung des Individuellen und Emotionalen auszeichnet. Es wird der Wert der erfüllten Einsamkeit dem gesellschaftlichen Glück gegenübergestellt und letztlich als überlegen dargestellt. Das lyrische Ich scheint mehr Glück und Erfüllung in der stillen Betrachtung der Natur zu finden, als in der gesellschaftlich anerkannten romantischen Liebe.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Einsame“ des Autors Justinus Kerner. Geboren wurde Kerner im Jahr 1786 in Ludwigsburg. Zwischen den Jahren 1802 und 1862 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 94 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Justinus Kerner ist auch der Autor für Gedichte wie „Morgengefühl“, „Wanderer“ und „Der Wanderer in der Sägemühle“. Zum Autor des Gedichtes „Der Einsame“ haben wir auf abi-pur.de weitere 20 Gedichte veröffentlicht.

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