Der Wettersee von Theodor Fontane

Die Sonne sinkt in den Wettersee;
Da steigt – mit dem Neck und der Wasserfee –
Von Gold und Rubin, aus des Seees Gruft,
Ein Schloß an die abendgeröthete Luft.
 
Der Mond geht auf; da blassen Rubin
Und Gold zu Silber und Aquamarin;
Und hervor aus dem Schloß, hinaus zum Tanz,
Lockt die Nixen der Mondesglanz.
 
Teichrosen flechten sie, draußen im Saal,
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Um Stirn und Nacken sich allzumal,
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Als bangte jede, des Mondes Licht
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Selbst könne bräunen ihr Angesicht.
 
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Dann schlingen sie Tänze, dann tönt ihr Gesang
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Zu Necken’s melodischem Saitenklang,
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Bis blasser das scheidende Mondlicht blinkt,
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Und Schloß und Neck und Nixe versinkt.
 
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Schon baut ihren finstern Palast die Nacht,
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Da heult es im Walde, da knickt es und kracht, –
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Ihren Renner, zottig und grau,
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Reitet zur Tränke die Haidefrau.
 
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Ihr Roß ist ein Wolf, schnell wie der Wind,
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Blindschleichen die Zügel des Renners sind,
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Eine Natter ist Peitsche, ein Igel ist Sporn,
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So jagt sie herbei durch Dickicht und Dorn.
 
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Wetteifernd funkelt das Katzengrau
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Der Augen von Wolf und Haidefrau,
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Man sieht, bei solchem Blitzen und Sprühn,
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Die lechzende Zunge des Wolfes glühn.
 
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Er trinkt aus dem See, dann lenkt er den Schritt,
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Und am Ufer entlang geht der nächtliche Ritt,
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Bis früh am Morgen statt Neck und Fee,
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Fischer durchfurchen den Wettersee.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Der Wettersee“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
214
Entstehungsjahr
1851
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Wettersee“ wurde von Theodor Fontane verfasst, einem berühmten deutschen Dichter und Schriftsteller des Realismus, der von 1819 bis 1898 lebte.

Beim ersten Lesen entsteht der Eindruck einer magischen und ausgefallenen Atmosphäre. Das Gedicht verbindet Elemente aus der Natur wie den See, den Mond und die Nacht mit mythischen Elementen wie dem Schloss, der Wasserfee, dem Neck und der Haidefrau.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht verschiedene Szenarien und handelnde Figuren in Verbindung mit einem See, dem Wettersee. Die erste Strophe spricht von einer Sonne, die in den See sinkt, und der Erscheinung eines mystischen Schlosses. Die zweite bis vierte Strophe beschreibt, wie der aufgehende Mond die Nixen zum Tanz lockt und welchen Schmuck sie während ihrer feierlichen Aktivitäten tragen. Die fünfte und sechste Strophe erzählen dann von der Nacht, die eintrifft und die Figur der Haidefrau und ihr ungewöhnliches Reittier einführt. Das Gedicht schließt mit der Szene eines frühen Morgens, an dem Fischer den See überqueren.

In Bezug auf das lyrische Ich und seine Aussagen könnte man sagen, das lyrische Ich ist ein Beobachter und Erzähler der fantastischen und magischen Ereignisse und Präsenzen, die den Wettersee bevölkern. Es stellt eine Verbindung her zwischen natürlichen Phänomenen wie dem Wechsel zwischen Tag und Nacht und menschlicher Arbeit (die Fischer am Morgen) und mythischen, fast märchenhaften Elementen.

Formal handelt es sich um ein strukturiertes Gedicht aus 8 Vierzeilern (Quatrinen). Die Sprache ist malerisch und bildreich und gespickt mit Symboliken. Sie bedient sich einer Poetik, die sowohl auf die physische als auch die mythische Welt um den Wettersee eingeht: Farben (Gold, Rubin, Silber, Aquamarin), Tiere (Wolf), Pflanzen (Teichrosen) und mythologische Kreaturen (Neck, Nixen, Haidefrau) sind prominent vertreten und erzeugen ein intensives, fast schon märchenhaftes Szenario.

Insgesamt bietet „Der Wettersee“ von Theodor Fontane ein reiches und vielschichtiges Zusammenspiel von Realität und Fantasie, Tag und Nacht, Mensch und Natur an einem Ort, der Wettersee.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Wettersee“ ist Theodor Fontane. Im Jahr 1819 wurde Fontane in Neuruppin geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1851 entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Fontane ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 214 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Theodor Fontane sind „Aber es bleibt auf dem alten Fleck“, „Afrikareisender“ und „Alles still!“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Wettersee“ weitere 214 Gedichte vor.

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