Der Gefangene von Georg Herwegh

Der uns die Freiheit einst so kühn gelehret
Hört ihr ihn hinter jenem Gitter wohl,
Dran spottend noch des Glaubens rauh Symbol,
Manch eisern Kreuz, das ihm die Flucht verwehret?
 
Das also ist der Lohn, der ihm bescheret
Ward von dem angebeteten Idol?
Die Wangen blaß, die Augen trüb und hohl,
Die Augen, die er - nicht zum Himmel kehret.
 
Seit Jahren sah er keine Wolken schweben,
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Seit Jahren kein Gestirn in blauer Ferne
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Die goldne, taubeglänzte Schwinge heben.
 
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Die Erde - ach! er ließ' sie euch so gerne;
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Doch sprecht, ihr Herrn, wer hat euch Macht gegeben,
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Die Hand zu legen auf des Himmels Sterne?
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Der Gefangene“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
106
Entstehungsjahr
1817 - 1875
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das hier vorliegende Gedicht ist das Werk des Autors Georg Herwegh, einem bedeutenden Vertreter der politischen Lyrik im 19. Jahrhundert während der Epoche des Vormärz. Dieser Zeitabschnitt ist gekennzeichnet durch eine zunehmende politische Unzufriedenheit und den kämpferischen Ruf nach politischen Reformen vor allem in Hinblick auf Meinungs- und Pressefreiheit.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht düster und melancholisch, wird doch von einem Gefangenen gesprochen, der seinen Lebenswillen verloren hat. Von Anfang an wird eine deprimierende und hoffnungslose Atmosphäre geschaffen, die den ganzen Verlauf des Gedichtes durchzieht.

Inhaltlich handelt das Gedicht von einem Gefangenen, der wegen seinen politischen Überzeugungen eingesperrt wurde. Das lyrische Ich erweckt Mitleid mit dem Gefangenen, der einst für Freiheit kämpfte, aber nun hinter Gittern leben muss. Es wird betont, dass er die Sterne seit Jahren nicht gesehen hat und dass ihm das freie Leben genommen wurde. Der Gefangene scheint alle Hoffnung verloren zu haben, da er seine Augen nicht mehr zum Himmel richtet. Die Frage, wer den Menschen die Macht gegeben hat, andere einzusperren, unterstreicht die Kritik an der Gesellschaft und der politischen Situation.

Das Gedicht ist in vier Strophen unterteilt, wobei die ersten zwei Strophen jeweils vier Verse und die letzten zwei Strophen drei Verse aufweisen. Das Gedicht wirkt rhythmisch und melodisch durch den gereimten Vers, was eine intensive und emotional aufgeladene Stimmung erzeugt.

Die Sprache des Gedichts ist poetisch und vollladen mit Metaphern. So wird das Gitter, an dem der Gefangene lehnt, mit dem „rauhen Symbol des Glaubens“, dem Kreuz, verglichen. Diese Metapher deutet auf die religiöse Ambivalenz des lyrischen Ichs hin. Auch die Wirklichkeit des Gefangenen wird durch die ausdrucksstarke Metapher „die Hand zu legen auf des Himmels Sterne“ betont, die das Eingreifen in das Schicksal des Einzelnen kritisiert.

Zusammengefasst handelt das Gedicht von einem politisch Gefangenen, der einst ein Kämpfer für Freiheit war, nun aber am System verzweifelt ist. Es kritisiert die soziale Ungerechtigkeit und die politische Unterdrückung und stellt die Frage nach der Legitimität politischer Macht. Die poetische Sprache und die Metaphern des Gedichts erzeugen eine eindringliche und düstere Atmosphäre.

Weitere Informationen

Georg Herwegh ist der Autor des Gedichtes „Der Gefangene“. Geboren wurde Herwegh im Jahr 1817 in Stuttgart. In der Zeit von 1833 bis 1875 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz zu. Bei Herwegh handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 106 Worte. Der Dichter Georg Herwegh ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Arbeiter an ihre Brüder“, „Die Partei“ und „Die Schweiz“. Zum Autor des Gedichtes „Der Gefangene“ haben wir auf abi-pur.de weitere 200 Gedichte veröffentlicht.

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