Aus den Bergen von Georg Herwegh

Jeder Mensch hat seinen Stern,
Jeder Hofrat seinen;
Jeder Pudel seinen Kern:
Laßt auch mir den meinen!
Ward mir leider nicht zuteil,
Daß ich euch ergötze,
Aber denkt: ich bin ein Keil,
Weil ihr grobe Klötze.
 
Ja - ich habe kein Gemüt
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Für der Mägdlein Wangen,
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Für die Blümchen, die verblüht,
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Eh' sie aufgegangen;
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Ja, ich bin ein schlechter Held
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Wider Türk' und Franken,
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Mache selbst um jene Welt
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Mir nicht viel Gedanken.
 
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Ich gehöre zum Verband
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Aller großen Toren.
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Heil! wenn unser Vaterland
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Den Verstand verloren!
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Wenn's einmal, ein Löwe noch,
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Seine Mähne schüttelt
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Und am altgewohnten Joch
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Der Philister rüttelt!
 
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Alle Herzen, stolz und heiß,
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Müssen dort verbluten;
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Darum in dies Gletschereis
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Flücht' ich meine Gluten:
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Droben an des Gießbachs Strand,
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An des silberhellen,
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Jauchz' ich, daß im flachen Land
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Euch die Ohren gellen.
 
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Was ihr nur mit Schmach und Tod
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Wisset zu befehden,
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Trunken vor dem Morgenrot
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Darf ich's jetzo reden,
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Rufen in den goldnen Tag
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Tief aus Herz und Kehle:
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»Raum, ihr Herrn, dem Flügelschlag
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Einer freien Seele!«
 
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Wo mit unbezähmter Lust
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Ob den letzten Hütten
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Dürre Felsen aus der Brust
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Ewige Ströme schütten;
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Wo in ungezügeltem Lauf
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Noch die Wasser tosen,
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Lad' ich meine Waren auf:
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Wilde, wilde Rosen!
 
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Habt da draußen manchen Tropf,
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Der mag vor euch zagen;
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Ich will trotzig meinen Kopf
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Wie die Berge tragen.
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O, wie winzig dünken mich
54 
Eure Siebensachen!
55 
Wer die Blitze unter sich,
56 
Kann auch eurer lachen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.4 KB)

Details zum Gedicht „Aus den Bergen“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
56
Anzahl Wörter
239
Entstehungsjahr
1817 - 1875
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Aus den Bergen“ wurde von Georg Herwegh, einem deutschen Dichter des Vormärz, verfasst. Er lebte von 1817 bis 1875, was das Gedicht zeitlich dem 19. Jahrhundert zuordnet.

Auf den ersten Blick fällt die stark persönliche Note und rebellische Haltung des lyrischen Ichs auf. Es distanziert sich von gesellschaftlichen Konventionen und Werten und zeigt einen starken Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit.

Inhaltlich bekennt das lyrische Ich in diesem Gedicht seine Andersartigkeit und rebellische Natur. Das lyrische Ich ist stolz auf seine Individualität und weist darauf hin, dass jeder Mensch sein eigenes Schicksal hat („Jeder Mensch hat seinen Stern“). Das lyrische Ich verachtet die Sitten und Normen der oberen Gesellschaft („Jeder Hofrat seinen“), sieht sich als Außenseiter („ich bin ein Keil“) und zeigt eine auffallende Unempfindlichkeit gegenüber traditionellen Werten und romantischen Gefühlen („ich habe kein Gemüt für der Mägdlein Wangen“).

Die Form des Gedichts ist charakteristisch für Herweghs Schreibstil. Es besteht aus sieben Strophen mit je acht Versen. Das Reimschema ist ABAB. Der Stil ist direkt und provokativ, ebenso wie die Sprache, die von Elementen der Alltagssprache durchzogen ist.

Die Sprache des Gedichts ist stark und ausdrucksstark, mit zahlreichen Metaphern und bildlichen Ausdrücken, die die Gefühle und Einstellungen des lyrischen Ichs unterstreichen. Es nutzt die Landschaft und die Natur als Symbole für seine innere Freiheit und seinen non-konformistischen Geist („Ich will trotzig meinen Kopf / Wie die Berge tragen“).

Zusammenfassend kann man sagen, dass „Aus den Bergen“ ein starkes Statement für Individualität und Freiheit und gegen gesellschaftliche Konformität ist. Es verkörpert die rebellische Haltung des Autors und reflektiert die sozialen und politischen Veränderungen seiner Zeit.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Aus den Bergen“ des Autors Georg Herwegh. Herwegh wurde im Jahr 1817 in Stuttgart geboren. Im Zeitraum zwischen 1833 und 1875 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Herwegh ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 56 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 239 Worte. Georg Herwegh ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Lied vom Hasse.“, „Den Siegestrunknen.“ und „Der arme Jakob und die kranke Lise.“. Zum Autor des Gedichtes „Aus den Bergen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 200 Gedichte vor.

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