Der Wenersee von Theodor Fontane
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Mit dem Meergott kämpften heißer die Giganten einst, denn je; |
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Siegreich, aus des Nordmeers Armen, rissen sie den Wenersee, |
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Bauten, zwischen Sohn und Vater, einen länderbreiten Damm, |
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Stellten vor das Thor, als Wächter, einen ganzen Felsenkamm. |
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Oft erfaßt den See ein Zittern tiefer Sehnsucht, und er lauscht, |
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Wenn’s, gleich fernem Meeresbrausen, in den Tannengipfeln rauscht, |
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Beim Geheul der Wölfe wähnt er, daß die Windsbraut nahe sei, |
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Und im heisren Lied des Hähers hört er nur der Möve Schrei. |
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Frühling wird’s, und dreißig Ströme zahlen plötzlich ihm Tribut, |
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Dreißig Ströme, die sonst meerwärts niederstürzten ihre Fluth, |
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Mit der Wasser Steigen steigt auch das Gefühl ihm seiner Kraft, |
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Und dem Freiheitsdrang gesellt sich jetzt der Zorn ob seiner Haft. |
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Hoch schon überragt der Spiegel seiner Fluth den Riesendamm, |
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Zwischen ihm und seiner Heimath hebt sich nur der Felsenkamm, |
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Da in siegessichrem Muthe, ruft er: „Vater, meine Hand |
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Streck’ ich Dir noch heut entgegen durch das felsbewachte Land.“ |
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Und der dreißig Ströme jeden schleudert er als Wurfgeschoß |
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Auf den Wächter, und zertrümmert Haupt und Glieder dem Koloß, |
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Den gewalt’gen Rumpf des Felsens überschäumt sein Wasserschwall, |
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Und zum ersten Mal, zur Tiefe donnert der Trolhätta-Fall. |
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In dem Riesendamme wühlt er sich mit leichter Müh ein Bett, |
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Und das Meer kommt ihm entgegen, und sie graben um die Wett’, |
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Jauchzend reichen Sohn und Vater zum Willkommen sich die Hand, |
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Felsenglieder, wie Trophäen, decken rings umher das Land. |
Details zum Gedicht „Der Wenersee“
Theodor Fontane
6
24
235
1851
Realismus
Gedicht-Analyse
Das behandelte Gedicht ist „Der Wenersee“ von Theodor Fontane. Fontane war ein deutscher Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, bekannt für seine realistischen Romane und seine Lyrik.
Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt durch die starken, dramatischen Bilder, die Fontane verwendet, um die Kraft und den Freiheitswillen des Wenersees zu beschreiben.
In einfachen Worten handelt das Gedicht vom Wenersee, der durch die Giganten aus dem Nordmeer gerissen wurde und nun von einem Damm und einem Felsenkamm eingegrenzt wird. Der See sehnt sich jedoch nach Verbindung mit dem Meer und fühlt diese Sehnsucht besonders stark, wenn der Wald rauscht oder Tiere Lärm machen. Im Frühling wird diese Sehnsucht durch den Zustrom von 30 Flüssen, die ihm normalerweise tributpflichtig sind, noch verstärkt. Er nutzt diese gewonnene Kraft und Stärke, um den felsigen Wächter zu zerstören und den Damm zu durchbrechen, um letztlich seine Freiheit zu erlangen und sich mit dem Meer zu vereinigen.
Formal besteht das Gedicht aus sechs Strophen, jede mit vier Versen. Die Sprache ist bildhaft und metaphorisch, die Verse sind in den gereimten Vierzeilern klassisch gehalten. Fontane verwendet viele Naturelemente, um die Emotionen und Handlungen des Sees zu übermitteln.
Der Inhalt lässt sich auf einer metaphorischer Ebene als Befreiungsgeschichte deuten: Der See, eingeschränkt durch externe Kräfte, sehnt sich nach Freiheit, kämpft für sie und erlangt sie schließlich. Das könnte als Kommentar zur menschlichen Sehnsucht und zum menschlichen Freiheitswillen gesehen werden.
Sprachlich ist das Gedicht durch einen starken, dramatischen Ton geprägt, der durch den Gebrauch von Begriffen wie „Giganten“, „Wölfe“, „Windsbraut“ und „Trolhätta-Fall“ verstärkt wird. Diese Begriffe wecken Assoziationen von Macht und Kampf, die die Freiheits- und Unabhängigkeitsbestrebungen des Sees unterstreichen.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Der Wenersee“ ist Theodor Fontane. 1819 wurde Fontane in Neuruppin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1851 zurück. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Der Schriftsteller Fontane ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 235 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere Werke des Dichters Theodor Fontane sind „An Lischen“, „An Marie“ und „An meinem Fünfundsiebzigsten“. Zum Autor des Gedichtes „Der Wenersee“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.
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